24. November 2019

Beenden Sie den Missbrauch der Blasphemie-Gesetze!

Wer in Pakistan der Blasphemie beschuldigt wird, lebt gefährlich – selbst wenn die Vorwürfe absurd sind. Viele Menschen sind wie der von CSI unterstützte Nabeel Masih unschuldig eingesperrt. CSI fordert ihre Freilassung und eine Revision der Blasphemie-Gesetze.

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Diese Protestaktion wurde beendet. Den aktuellen Protest finden Sie hier.

Der Christ Nabeel Masih wurde als Minderjähriger wegen Blasphemie eingesperrt und 2018 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Er soll auf Facebook ein Bild gepostet haben, auf dem ein Schweinekopf auf der Kaaba (zentrales muslimisches Heiligtum in Mekka) abgebildet war.

Nabeel stammt aus einer armen Familie und besuchte die Schule nur bis zur vierten Klasse. Er ist weitgehend Analphabet geblieben und hätte Mühe, sich auf Facebook zurechtzufinden. Nabeel sagte vor Gericht aus, dass muslimische Kollegen das Facebook-Profil unter seinem Namen erstellt und das Bild gepostet hätten. Dennoch wurde er verurteilt und hat inzwischen drei Jahre seiner Strafe abgesessen.

CSI hilft Blasphemie-Opfer

Unsere pakistanische Projektpartnerin besuchte Nabeel zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder im Gefängnis. «Ich bin zutiefst erschüttert, dass sich mein ganzes Dorf – selbst all die Menschen, mit denen ich seit so vielen Jahren in Kontakt bin – gegen mich wandte und meinen Tod forderte», sagte Nabeel. Er bangt um seine Familie – die Leute, die ihn derart hassen, könnten auch ihr etwas antun. «Mich schmerzt besonders, dass ich als unschuldiger Analphabet im Gefängnis bin, während die Muslime, die das Verbrechen in Wirklichkeit begangen haben, Freiheit geniessen.» Nabeel befindet sich in Einzelhaft und bekam nur eine halbe Stunde Zeit für den Besuch.

CSI will diese Ungerechtigkeit nicht hinnehmen und stellt das nötige Geld für einen Anwalt zur Verfügung, damit das Urteil vor dem Obergericht angefochten werden kann. Zudem übernehmen wir die Kosten, damit seine Familie Nabeel Masih besuchen kann. Er soll sich nicht noch um sie sorgen müssen, sondern regelmässig hören, dass sie wohlauf sind.

Blasphemie-Vorwurf wie ein Todesurteil

Die blosse Anschuldigung, Blasphemie begangen zu haben, genügt, um eine Person – und seine Familie, Verwandten, manchmal sogar die Nachbarn – in Lebensgefahr zu bringen. Gemäss der Menschenrechtskommission von Pakistan wurden seit 1990 mindestens 70 Menschen wegen angeblicher Blasphemie gelyncht. Ganze Wohnviertel wurden abgebrannt.

Blasphemie-Vorwürfe werden oft missbraucht, um eine missliebige Person aus dem Weg zu schaffen, etwa um an ihr Land zu kommen oder wegen eines Beziehungskonflikts. Viele Anklagen sind völlig absurd, selbst geistig beeinträchtigte Menschen (etwa Rimsha Masih) und Minderjährige (wie Nabeel) landen im Gefängnis.

Wie das Centre for Social Justice berichtet, wurden seit den 1980er Jahren rund 1500 Menschen angeklagt, häufig Angehörige religiöser Minderheiten, insbesondere Ahmadis und Christen. Gemäss dem pakistanischen Strafgesetzbuch kann Blasphemie gegen den Koran mit lebenslanger Haft, Blasphemie gegen Mohammed sogar mit dem Tod bestraft werden (Art. 295 lit. b und c).

Erinnerungen an Asia Bibi

Bekanntestes Opfer von Blasphemie-Vorwürfen ist Asia Bibi, die im Oktober 2018 nach zehn Jahren Gefängnis freigesprochen wurde. Ein knappes Jahr später, im September 2019, erfolgte der Freispruch für den Muslim Wajih-ul-Hassan nach 18 Jahren Gefängnis.

Asia Bibi und Wajih-ul-Hassan waren beide zum Tod verurteilt, weil sie angeblich Blasphemie gegen den muslimischen Propheten Mohammed begangen hatten. Das Oberste Gericht sprach beide frei. Eine Kompensation für die jahrelange ungerechtfertigte Haft gab es nicht.

Mörder als Held gefeiert

Der Fall Asia Bibi zeigt auch, wie gefährlich die Unterstützung von Blasphemie-Angeklagten sein kann. Zwei hohe Politiker (der muslimische Gouverneur Salman Taseer und der christliche Minister Shahbaz Bhatti) wurden umgebracht, weil sie sich für sie und für eine Revision der Blasphemiegesetze eingesetzt hatten. Mumtaz Qadri war einer der Mörder und wurde deswegen am 29. Februar 2016 hingerichtet. Für viele Islamisten ist er ein grosser Held. An seiner Beerdigung feierten ihn Zehntausende, sein Grab wurde zum Pilgerort.

Gewalt gegen Revision

Die Kritik an den Blasphemie-Gesetzen ist wegen der Einschüchterungen weitgehend verstummt. Denn auch die Anwälte von Blasphemie-Angeklagten müssen um ihr Leben bangen. So erhielt etwa Saif-ul-Malook, der muslimische Anwalt von Asia Bibi, Todesdrohungen. Nachdem er anfänglich ins Ausland geflüchtet war, kehrte der 64-Jährige nun zurück, um weitere Christen zu verteidigen, die wegen Blasphemie angeklagt sind: Es sei besser, für eine gute Sache zu sterben, als einfach so.

Es gibt Vorschläge, zumindest den Missbrauch einzudämmen: Die Todesstrafe solle auch gegen jene verhängt werden, die jemanden fälschlicherweise der Blasphemie bezichtigen, oder ein leitender Polizeioffizier solle vor der Entgegennahme einer Blasphemie-Strafanzeige die Vorwürfe untersuchen. Allein Gerüchte, dass die Blasphemie-Gesetze revidiert werden sollen, führen zu gewalttätigen Massenprotesten.

Beten und protestieren

Wir bitten Sie um Gebet, dass keine weiteren Opfer von Blasphemie-Beschuldigungen zu Schaden kommen. Gleichzeitig appellieren wir an den pakistanischen Premierminister Imran Khan, dem Missbrauch der Blasphemie-Gesetze den Riegel zu schieben und deren Revision anzupacken. Danke für Ihre Solidarität mit den Menschen in Pakistan, die unschuldig verfolgt werden.

Adrian Hartmann

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