26. September 2019

Eine Kirche um die andere wird geschlossen

Seit Februar 2019 ist Algerien bei uns wegen der Massenproteste in den Medien, die zum Rücktritt des langjährigen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika führten. Eine weitere Entwicklung verdient unsere Aufmerksamkeit: Es werden laufend Kirchen geschlossen. Wir fordern volle Religionsfreiheit.

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Diese Protestaktion wurde beendet. Den aktuellen Protest finden Sie hier.

Am 26. August 2019 hatte die Versiegelung der Friedensfürst-Kirche noch vereitelt werden können. Die Kirchenleiter waren am Vortag über die bevorstehende Schliessung informiert worden und so versammelten sich am 26. August Christen aus 33 verschiedenen Kirchen in der Friedensfürst-Kirche in Ighzer Amokrane (Provinz Bejaia) unweit der Mittelmeerküste. Sie hingen Protestplakate auf und weigerten sich, die Kirche mit rund 300 Mitgliedern zu verlassen. Kirchenleiter des Dachverbands protestantischer Kirchen beharrten gegenüber der Polizei mit ihrem Anwalt darauf, dass der Schliessungsbefehl ungültig sei, da er von einem Gericht kommen müsse. Am Ende zog die Polizei unverrichteter Dinge ab.

«Wir setzen unsere Zuversicht weiterhin auf Gott», sagte einer der Kirchenführer gegenüber Morning Star News, einem Nachrichtenportal über Christenverfolgung. «Die Hand, die den Schliessungsbefehl unterschrieben hat, wird am Ende auch das Dokument unterzeichnen, das diesen aufhebt.» Am 28. August suchten Vertreter des Dachverbands noch das Gespräch mit den Provinzbehörden. Es half alles nichts: Am frühen Morgen des 2. September kamen die Polizisten zum zweiten Mal und versiegelten die Friedensfürst-Kirche.

Polizei mitten im Gottesdienst

Die Schliessung der Friedensfürst-Kirche erfolgte nur vier Wochen nach der Schliessung einer Kirche mit rund 100 Mitgliedern in Boudjima, Provinz Tizi Ouzou. Die Provinz Tizi Ouzou liegt wie die Provinz Bejaia in der Kabylei.

Wie Messaoud Takilt, der Pastor der betroffenen Kirche berichtet, waren die Polizisten in einen Gottesdienst eingedrungen und hatten ihm drei Tage Zeit gegeben, um die Kirche zu räumen. Am 6. August kehrten sie zurück – erneut mitten in einem Gottesdienst –, um die Schliessung zu vollziehen. Die Gemeindemitglieder weigerten sich zunächst, die Kirche zu verlassen, gaben aber schliesslich nach. «Manche verliessen die Kirche tränenüberströmt», berichtet Pastor Takilt.

Bereits sieben Kirchen geschlossen

Die Kirche von Boudjima wurde 2006 gegründet und ist – mit rund 40 weiteren Kirchen – der gesetzlich anerkannten Protestantischen Kirche von Algerien (Église protestante d’Algérie, EPA) angegliedert. Seit November 2017 wurden die meisten dieser Kirchen aufgefordert, zu beweisen, dass sie in Übereinstimmung mit einem Gesetz von 2006 die nötige Genehmigung besitzen. Das Gesetz sieht eine Genehmigungspflicht für nichtmuslimische Gotteshäuser vor. Gemäss Middle East Concern, einer christlichen Menschenrechtsorganisation im Einsatz für verfolgte Christen, hat die Regierung bis heute jedoch keine einzige Genehmigung ausgestellt. In den letzten beiden Jahren erhielten mehrere Kirchen den Befehl, ihre gesamten Aktivitäten einzustellen. Mindestens sieben Kirchen – sechs Mitglieder der EPA – wurden inzwischen geschlossen, weil sie nicht über die nötige Genehmigung verfügen.

Einige Gemeinden versuchen, ihre Gottesdienste draussen oder in Privathäusern weiterzuführen. Eine riskante Angelegenheit: Gemäss der Weltweiten Evangelischen Allianz wurde letztes Jahr ein Christ gebüsst, weil er auf seinem Grundstück ein Gottesdienst-Zelt als Ersatz für die geschlossene Kirche aufgestellt hatte.

Diskriminierung muss aufhören

In Algerien ist der Islam Staatsreligion. Geschätzte 98 Prozent von Algeriens rund 40 Millionen Einwohnern sind Muslime. Die Zahl der Christen beläuft sich auf etwa 60 000, mit steigender Tendenz. Das Klima ist für sie in den letzten zwei Jahren zusehends feindlicher geworden.

In einem Brief an die Regierung vom Mai 2018 prangert die EPA an, dass die Christen wegen des blossen Besitzes einer Bibel eingeschüchtert werden und Verfolgung riskieren. Sie fordert, die Diskriminierung der Christen zu beenden und die grundlegenden Rechte aller Bürger zu respektieren. CSI schliesst sich diesen Forderungen an und ruft Sie auf, dies ebenfalls zu tun.

Morven McLean
Middle East Concern | Morning Star News | World Evangelical Alliance

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