Als Frau und Konvertitin besonders gefährdet

Im mehrheitlich hinduistischen Nepal verbietet es die Verfassung, die Religion zu wechseln. Wer es dennoch tut, wird gesellschaftlich geächtet. Christliche Konvertitinnen haben es besonders schwer. CSI hat Betroffene im Westen Nepals besucht.

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Ich traf die 43-jährige Karmala Budhamagar* im Westen Nepals im Februar 2020. Wir sassen in einer kleinen Kirche auf dem Boden. Es war kalt. Karmala trug ihre Winterjacke, eine Mütze und Handschuhe. Offen gewährte sie mir einen kleinen Einblick in ihr Leben.

Als Karmala noch Hindu war, litt sie jahrelang an einer schweren Krankheit. Niemand konnte ihr helfen. Nach dem Gebet eines Pastors wurde sie gesund. Dies hat sie so berührt, dass sie sich für Gottes Liebe und sein Wort zu öffnen begann. Doch ihr Mann war entrüstet.

Ausgestossen und völlig isoliert

«Nach meiner Bekehrung zum christlichen Glauben stellte mich mein Mann voller Wut vor die Wahl: entweder er oder der christliche Glaube», erzählt Karmala. «Als ich ihm klar sagte, dass ich meinen tiefen Glauben an Gott nicht aufgeben könne, warf er mich aus unserem Zuhause hinaus.»

Wie unzählige andere Frauen in einer ähnlichen Situation wurde Karmala nicht nur von ihrem Mann verstossen, sondern auch von seiner Familie, ihrer eigenen Familie und der ganzen Dorfgemeinschaft. In vielen Läden durfte sie beispielsweise nicht mehr einkaufen. Arbeit bekam sie keine mehr. «Die Ausgrenzung und die ständige Angst vor Angriffen haben mir so zu schaffen gemacht, dass ich für ein Jahr zu meiner Schwester nach Delhi [Indien] floh», erinnert sich Karmala an die schwierige Zeit.

Doppelt diskriminiert: Frau und Christin

Karmala ist eine von mehreren mutigen Christinnen mit hinduistischem Hintergrund, die ich mit CSI-Mitarbeiter Reto Baliarda auf meiner letzten Nepal-Reise im Februar 2020 getroffen habe. Mir brach es das Herz zu hören, was sie durchlebt hatten – und zum gros­sen Teil immer noch durchleben –, weil sie an das Wort der Bibel glauben.

Die nepalesische Verfassung von 2015 verbietet die Abwerbung von anderen Religionsangehörigen (Art. 26 Abs. 3). Mit dem Antikonversionsgesetz von 2018 kann Abwerbung (Proselytismus) mit bis zu fünf Jahren Gefängnis und Geldbussen bestraft werden. Das mehrheitlich hinduistische Nepal steht dabei nicht zuletzt unter dem Einfluss Indiens, das seit 2014 von Hindunationalisten regiert wird.

Hindu-Frauen, die ihren Glauben wechseln wollen, haben es besonders schwer. Oft werden sie von ihren Männern geschlagen und bedroht. Häufig werden sie von ihren Ehemännern und Verwandten verstossen und im ganzen Dorf geächtet, wie es Karmala erlebt hat.

Zwar enthält die nepalesische Verfassung von 2015 mehrere Bestimmungen, um die Frauen zu fördern. Ein Drittel der Abgeordneten im nationalen Parlament müssen Frauen sein. Zudem muss eine Frau entweder Präsidentin oder Vizepräsidentin des Landes sein; die gleiche Regelung gilt auch für jedes Dorf. Doch in der Realität herrschen gerade auf dem Land und in unteren sozialen Schichten weiterhin geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt.

Arm, aber glücklich

Karmala besuchte später in Kathmandu zwei Jahre lang eine Bibelschule. Mittlerweile hat sie so viel Kraft und Mut gewonnen, dass sie in ihrem Heimatdorf eine Kirche gegründet hat. Sie hat unglaublich Freude, die Mitglieder mit viel Liebe führen und betreuen zu können. Doch ihr Alltag ist weiterhin von vielen Entbehrungen und Anfeindungen geprägt.

CSI unterstützt Frauen wie Karmala und weitere verstossene Christen mit kleinen finanziellen Beträgen, damit sie sich ein Kleingewerbe aufbauen können. Diese Art von Hilfe ist gerade für die ausgegrenzten Konvertitinnen unbeschreiblich wertvoll und hilft ihnen zu überleben.

Nepal-Projektleiterin

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