
Der christliche Kanalarbeiter Irfan Masih starb am 2. Juni 2017 in Pakistan, nachdem ein muslimischer Arzt sich geweigert hatte, ihn unverzüglich zu behandeln. Wegen des Ramadans musste der Patient zuerst gereinigt werden. Die anschliessende Behandlung kam zu spät.
Unter der Drohung, die Stelle zu verlieren, stieg ein Arbeitskollege von Irfan ohne genügende Schutzkleidung einen Schacht hinunter, um einen Abwasserkanal in der pakistanischen Stadt Umerkot zu reinigen. Weil er dabei gefährliche Giftgase inhalierte, verlor er das Bewusstsein. Da stieg Irfan, ebenfalls ohne Schutzkleidung, hinab, um seinen Freund zu retten. Doch während dieser mit Hilfe anderer Kollegen aus dem Schacht gezogen wurde, fiel Irfan in den Abwasserkanal und wurde ohnmächtig.
Arbeitskollegen konnten Irfan schliesslich aus dem Schacht ziehen und brachten ihn in das nahe gelegene staatliche Krankenhaus. Obwohl sich der Patient bereits in einem kritischen Zustand befand, erklärten die Ärzte in der Notaufnahme, man werde ihn erst untersuchen, nachdem er gereinigt worden sei. Schliesslich sei Ramadan.
Erst nachdem Familienangehörige Irfans Körper gewaschen hatten, forderten die Ärzte einen Sauerstoffzylinder an. «Doch dieser war leer. Und bevor die Ärzte einen anderen Zylinder besorgen konnten, starb Irfan», erklärt dessen Bruder Babar Masih.
Familienangehörige sind überzeugt, dass Irfan überlebt hätte, wenn er sofort behandelt worden wäre. Seine Kollegen und mehrere Mitglieder einer örtlichen christlichen Gemeinde organisierten eine spontane Demonstration gegen die Verwaltung des Spitals, die rund zehn Stunden andauerte. Der Vater des Opfers, Nazeer Masih, erstattete bei der örtlichen Polizei Anzeige, woraufhin Jaam Kunbhar, Vorsteher des betrefenden Krankenhauses in Lahore, verhaftet wurde. Ebenso wurden zwei weitere Ärzte sowie drei Angestellte des städtischen Gesundheitsdienstes festgenommen.
Irfans Hinterbliebene und Kollegen werfen den Verhafteten unterlassene Hilfeleistung vor, die fatale Folgen hatte. Der Generaldirektor des Gesundheitsdienstes, Akhlaq Khan, besuchte unterdessen das Krankenhaus und betont, dass aus der Krankenakte des Patienten kein nachlässiges Handeln der Ärzte als Grund für Irfans Tod ersichtlich sei. Kurze Zeit später demonstrierten Vertreter der Ärztlichen Vereinigung Pakistans gegen Kunbhars Verhaftung und Anklage. Sie behaupten, dass die Anschuldigungen fabriziert worden seien.
Nasir Saeed vom Zentrum für juristische Unterstützung sieht das wahrlich anders: «Ein Leben hätte gerettet werden können, wenn die Ärzte den Patienten sofort versorgt hätten. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Kanalarbeiter bei der Arbeit stirbt. Die Regierung sollte die Arbeiter mit Sicherheitsausrüstung ausstatten. Doch da es sich bei den Arbeitern oft um Christen handelt, kümmert sich niemand um sie.»
In Pakistan verrichten überdurchschnittlich viele Christen schlecht bezahlte Arbeit, die vielfach gefährlich ist. Gemäss der Organisation «Operation World» sind 90 Prozent aller Kanalarbeiter in Pakistan Christen, obwohl sie nur gerade 2,45 Prozent der landesweiten Bevölkerung ausmachen. Bei ihrer gefährlichen Tätigkeit müssen sie oft bis zu 15 Meter den Schacht hinunterklettern, wenn ein Abwasserkanal verstopft ist. Auch unter den Reinigungsarbeitern hat es viele Christen.
Fernsehsender und auch viele Zeitungen berichteten über den tragischen Tod von Irfan Masih. Der Fall hat weitherum grosse Bestürzung ausgelöst. Die Regierung der Provinz Sindh erwägt Kompensationszahlungen an die Hinterbliebenen.
Reto Baliarda
Quellen: fides, Morningstarnews, Worldwatchmonitor
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