
Die indische Regierung fördert die Transformation des Landes hin zu einem hindu-nationalistischen Staat. Was vorerst mit dezenten Massnahmen beeinflusst wurde, wird nun landesweit mit lauter Stimme proklamiert: Verfolgung von Minderheiten, Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung.
Das Ausmass der Menschenrechtsverletzungen ist mittlerweile alarmierend. Beängstigend ist aber auch die Art und Weise, wie die indische Regierung keinen Hehl mehr daraus macht, Indien zu einem hundertprozentigen Hindu-Staat aufbauen zu wollen. «Wo führt das bloss noch hin?», fragt verzweifelt eine CSI bekannte Anwältin, die täglich mit Menschenrechtsverletzungen konfrontiert ist.
Ferner klagt sie: «Für uns als Anwälte wird es immer schwieriger, den Schutz und die Rechte unserer Mandanten zu gewährleisten. Wir stehen selbst zusehends im Visier der Behörden und werden von ihnen eingeschüchtert. Wo bleiben in diesem demokratischen Rechtsstaat zum Beispiel die Grundrechte auf Schutz, aber auch der Meinungs-, Religions- und Redefreiheit?»
Besonders in ländlichen Gebieten leiden Angehörige religiöser Minderheiten, aber auch die Dalits (Kastenlose) oder Angehörige von Naturstämmen unter dem Mangel an Schutz. Die Regierung missbraucht die Corona-Pandemie, um ihre Agenda durchzusetzen.
Vor kurzem hat die Regierung offiziell die Bevölkerung aufgefordert, Nachbarn und Menschen in ihrer Umgebung, die Nichthindus sind, zu beobachten und sogenanntes «Fehlverhalten» mit einem entsprechenden Formular an die Behörden zu melden. Dabei sind sie der Willkür völlig ausgeliefert. Es braucht nur eine Person, die eine falsche Aussage gegen jemanden macht. Dies reicht für eine Festnahme oder führt dazu, dass die Person aus dem Dorf verbannt, angegriffen oder gar getötet wird.
An vielen Orten treffen sich die Christen nur noch im Versteckten und versuchen, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten.
Die indische Regierung verabschiedete ohne Vorwarnung am 23. September 2020 den Änderungsentwurf zum Gesetz über ausländische Beiträge (FCRA). Diese Änderung zieht noch schärfere Kontrollen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und strengere Restriktionen bei Spendengeldern nach sich. Das Gesetz hatte bereits zur Schliessung von tausenden Hilfsorganisationen wie Greenpeace und Compassion International geführt. Doch wegen dieser verfassungswidrigen Gesetzesänderung, die gegen das Völkerrecht verstösst, mussten nun unzählige weitere Organisationen wie Amnesty International ihre Arbeit in Indien niederlegen.
In diesen schwierigen Zeiten hilft CSI vor Ort. Wir unterstützen Anwälte, damit sich diese verstärkt juristisch und politisch für Verfolgte einsetzen können. Ferner stehen wir in diversen Staaten Pastoren bei. Sie werden mit ihren Rechten vertraut gemacht, um sich besser schützen zu können. Auch helfen unsere Mitarbeiter vor Ort, Pastorennetzwerke zu bilden, damit sich diese gegenseitig unterstützen. Dies ist in abgelegenen Gebieten besonders wichtig.
Bei Angriffen steht CSI den Pastoren und ihren Kirchenmitgliedern mit der Übernahme von Spital- und Medikamentenkosten sowie mit Lebensmitteln, Kleidern und juristischer Hilfe bei. Unzählige von ihnen haben schon fürchterliche Angriffe erlebt.
Projektleiterin Indien
Quelle: msn
Corona-Pandemie: Gewalt gegen Christen
Die durch die COVID-19-Pandemie verursachte landesweite Abriegelung führte zu einer vorübergehenden Abnahme der Gewalt gegen Christen. Die Menschen mussten zu Hause bleiben, Veranstaltungen, so auch Gottesdienste, fielen aus.
Seit Juni 2020 steigen die Übergriffe auf Christen wieder an. Wie im letzten Jahr, wurden auch dieses Jahr per Ende Oktober offiziell über 220 Fälle gemeldet, und dies trotz des monatelangen Lockdowns. Der Massenexodus von Millionen von Indern aus den Grossstädten in die ländlichen Gebiete hat das gesellschaftliche und juristische System besonders in ländlichen Gegenden nahezu zum Erliegen gebracht.
Trotz Lockerung der Sperren herrscht weiterhin Ausnahmezustand, und Millionen von religiösen Minderheiten sind der Willkür der Hinduextremisten schutzlos ausgeliefert. Viele der Fälle werden erst gar nicht registriert. CSI wird den Verfolgten weiterhin mit der dringend benötigten Hilfe beistehen.
Von Hinduextremisten angestachelt, griffen etwa 3000 Stammesleute Christen in drei Dörfern im Bundesstaat Chhattisgarh an und vertrieben sie gewaltsam. Sie waren verärgert, weil die Christen ein Hindu-Festival finanziell nicht unterstützen wollten.
Die Übergriffe ereigneten sich am 22 und 23. September 2020. Einer der betroffenen Christen, Sivram Koyam, bat die Polizei unmittelbar vor den Angriffen vergeblich um Schutz. «Während ich um Hilfe bat, gingen die Angreifer in meinem Dorf Kakadbeda auf meine Frau los, weil sie mich nicht fanden. Sie schmetterten meine Frau dreimal mit voller Wucht zu Boden.» Sie musste ins Spital gebracht werden.
Koyam ergriff mit acht weiteren Christen die Flucht. Einige Extremisten rannten den Flüchtenden hinterher und packten einen Christen, der bis heute nicht mehr aufgetaucht ist. Die Geflohenen mussten ihre Frauen und Kinder in den durch die Angreifer zerstörten Häusern zurücklassen.
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