28. November 2021

Befreiung aus Gefangenschaft und Missbrauch

Weltweit werden Millionen von Menschen wegen ihres Glaubens, ihrer Ethnie oder ihrer Armut unterdrückt und gefangen gehalten. Oft werden sie gezwungen, menschenunwürdige Arbeit zu verrichten, wie das Beispiel der zwölfjährigen Inderin Urmila verdeutlicht. Zudem sind wegen der Folgen der Pandemie Millionen von Menschen noch mehr der Schutzlosigkeit ausgeliefert. CSI erweitert sein Engagement, um Betroffene zu retten.

Befreite indische Mädchen vor dem CSI-Schutzhaus. csi

«Der Hunger war fast unerträglich und nagte an unseren letzten Kräften», erzählt die 12-jährige Urmila, eine Angehörige der Dalits (unterste Kaste in Indien). Die monatelangen Lockdowns verhinderten, dass ihre Eltern als Tagelöhner das Minimum an Einkommen erarbeiten konnten. «Die Massnahmen dauerten einfach zu lange. Unsere Familie war wegen des Ausfalls eines Minimaleinkommens völlig verschuldet.» Diese Situation erlebten Millionen von Menschen weltweit.

Schulden mit Tochter abbezahlt

Urmila fährt mit gesenktem Haupt fort: «Der Schrecken fing erst richtig an, als im März 2021 ein Mann bei uns vorbeikam, um die Schulden bei meinem Vater einzufordern. Mein Vater war jedoch überhaupt nicht in der Lage, zu bezahlen.»

Der Gläubiger verlangte deshalb, dass der Vater eine seiner Töchter als Tilgung seiner Schulden an ihn übergeben sollte. Es war ein unbeschreiblich schmerzlicher Moment für die ganze Familie, als ihre Eltern sich schlussendlich gegen Urmila entschieden. So wurde das Mädchen einem unbekannten Mann – einem Menschenhändler – überlassen.

Innerhalb weniger Minuten veränderte sich Urmilas Leben zu einem fürchterlichen Alptraum. In einem tausende von Kilometern entfernten Ort wurde sie über Monate gezwungen, in einem Bordell unzählige Männer sexuell zu bedienen.

Professionelle Partner vor Ort

Dank dem beherzten Einsatz unserer Partner vor Ort und deren guter Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Polizisten konnte Urmila im Juni 2021 von ihrem Martyrium befreit und in einem Schutzhaus untergebracht werden. Dort darf sie in einem geschützten Rahmen und mit psychologischer Betreuung langsam wieder Heilung erleben. Schritt für Schritt wird sie auf eine hoffnungsvollere Zukunft vorbereitet.

So wie es der Familie von Urmila erging, ergeht es Millionen von Menschen und Familien weltweit. Die finanzielle Not und die damit verbundene Verzweiflung betroffener Menschen wird dabei von Menschenhändlern gnadenlos ausgenutzt.

2013 startete CSI sein Engagement gegen den Menschenhandel in Indien. Der Fokus liegt dabei auf der Präventionsarbeit, der Befreiung und der Reintegration der Opfer. Ferner werden die Täter angeklagt mit dem Ziel, dass sie verurteilt werden. Zusammen mit weiteren Organisationen haben sie das Netzwerk «PUSH» («People united to stop Human Trafficking» – «Gemeinsam gegen Menschenhandel») ins Leben gerufen, um gemeinsam stärker einen besseren Schutz und verschärfte Gesetze gegen Menschenhändler zu erreichen.

Sklaverei aus verschiedenen Motiven

Weltweit werden Menschen wegen ihrer finanziellen Not von Menschenhändlern gefangen gehalten und zu menschenunwürdiger Arbeit gezwungen. «Sei es in Fabriken, in der Landwirtschaft, in Bordellen oder auch in Haushalten: Die Geschichten der Menschen, die wir im Verlauf unserer 8-jährigen Tätigkeit in Indien befreien durften, sind einfach nur herzzerbrechend», schildert die indische CSI-Partnerin.

Viele Gesichter der Gefangenschaft 

Doch es gibt weitere Gründe, warum Menschen ihrer Freiheit beraubt werden. In vielen Ländern bestrafen Extremisten, seien sie religiös oder nationalistisch motiviert, Andersdenkende oder Andersgläubige – sogenannte Abtrünnige – mit Gefangenschaft, Missbrauch, Zwangsarbeit, Zwangskonversion und Zwangsheirat. So zum Beispiel in Pakistan oder Ägypten, wo christliche Mädchen verschleppt, zwangskonvertiert und zwangsverheiratet werden.

Die pakistanische Christin Sadaf Khan, heute 16 Jahre alt, musste dieses Martyrium erleben (CSI-Magazin vom Oktober 2021). Eingesperrt im Hause ihres «Ehemannes» musste sie über zwei Jahre unter schwierigsten Umständen den Haushalt verrichten, wurde regelmässig missbraucht und geschlagen. Dank dem Einsatz von CSI-Partnern wurde Sadaf im April 2021 von ihrem Martyrium gerichtlich freigesprochen. «Am Tag meiner Befreiung fühlte ich mich wie ein Vogel, der für lange Zeit im Käfig gefangen war und nun wieder frei fliegen darf», so die überglückliche Sadaf.

Bereits im Jahr 1996 hat CSI begonnen, sich für die Sklavenbefreiung einzusetzen. Und zwar in der Subsahara, wo mittlerweile über 100‘000 Gefangene, meist Christen, aus der Sklaverei im Sudan befreit und wieder in den Südsudan gebracht wurden.

Ägypten, Indien und Pakistan sind weitere Länder, in denen sich CSI mit Partnern vor Ort mit Prävention, Befreiung und Reintegration seit einigen Jahren engagiert. In den kommenden Jahren wird sich CSI in weiteren Ländern einsetzen, um Gefangene aus religiösen, ethnischen oder sonstigen Gründen von diesem Martyrium zu beschützen, zu retten und ihnen eine Perspektive zu geben.

Projektleiterin Indien

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