29. Dezember 2016

Brutale Einschüchterungsversuche gegen chinesische Christen

Am 26. Februar 2016 wurde das Pastorenpaar Bao Guohua und Xing Wenxiang zu 14 und 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Sie hatten sich gegen die Zerstörung von Kreuzen auf Kirchendächern gewehrt. Chinas Regierung will den Einfluss der Christen vor allem in deren Hochburg Zhejiang beschränken.

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Der wirtschaftliche Erfolg der chinesischen Provinz Zhejiang wird oft auf den guten Einfluss der Christen in der Region zurückgeführt. Die Provinzstadt Wenzhou ist für die vielen erfolgreichen christlichen Unternehmer bekannt. Und Wenzhou gilt als die christlichste Stadt in ganz China. Unter den acht Millionen Einwohnern sind rund eine Million Christen, die meisten davon Protestanten.

Bauvorschriften als Grund für den Abriss

Wegen des wirtschaftlichen Erfolgs genossen die Christen in Zhejiang lange ihre Freiheit.

Doch vor drei Jahren hat hier der Wind gedreht. Bei einer Inspektionsreise vom 25. Dezember 2013 in Wenzhou hatte sich der kommunistische Parteivorsitzende Xia Baolong der Provinz über die große Zahl der weithin sichtbaren Kreuze empört. Nur kurze Zeit später, Anfang 2014, begann die amtlich verordnete Zerstörungs-Kampagne von Kreuzen auf den Kirchendächern. Etwa 100 Christen, die sich zu Beginn gegen die Zerstörung zur Wehr setzten, wurden kurzzeitig inhaftiert.

Die Behörden begründeten die Abriss-Aktion damit, dass die Kreuze auf den Dächern den Bauvorschriften widersprächen. Doch der wahre Grund dürfte ein anderer sein. Wie das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» schreibt, bereitet der stetige Zuwachs an christlichen Gruppen der kommunistischen Partei Sorgen. Sie möchte daher das Christentum vor allem in der südöstlichen Provinz Zhejiang, aber auch im ganzen Land, eingrenzen und die Kirchen stärker kontrollieren.

Harte Strafe für Pastorenpaar

Die Zerstörung von Kreuzen auf Kirchendächern wollte das Pastoren-Ehepaar Bao Guohua und Xing Wenxiang aus der Stadt Jinhua (Provinz Zhejiang) nicht hinnehmen. Zusammen mit ihrem Sohn Bao Chenxing setzte sich die Familie, die eine Gemeinde der staatlich anerkannten Drei-Selbst-Bewegung leitet, gegen die Zerstörung von Kreuzen auf Kirchendächern ein. Daraufhin wurde die Familie am 26. Juli 2015 verhaftet. Wenige Monate später wurden die Beschuldigten gezwungen, die Zusammenarbeit mit ihren Anwälten zu beenden. Die Menschenrechtsorganisation «China Aid» veröffentlichte in der Folge einen Brief, den Xing Wenxiang am 20. Oktober 2015 aus dem Gefängnis schrieb und in dem sie ihre Freunde verzweifelt um juristische Unterstützung bittet.

Das niederschmetternde Urteil erging am 25. Februar 2016: Bao Guohua wurde zu 14 Jahren, seine Frau Xing Wenxiang zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Zudem wurde ihr Vermögen beschlagnahmt und eine Buße von umgerechnet mehr als 10 000 Dollar gegen sie verhängt. Ihr Sohn Bao Chenxing erhielt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Weitere Vorwürfe

Offiziell wurden Bao Guohua und Xing Wenxiang wegen Anstachelung zur Störung der öffentlichen Ordnung, Veruntreuung, illegaler Geschäftsführung und Buchhaltungsvergehen verurteilt. Die Polizei beschuldigte das Paar außerdem der «verschwenderische Lebensführung». In der Wohnung von Bao und Xing seien Schmuck und Bargeld entdeckt worden, die sie durch Gemeindesammlungen erschlichen hätten. Christen aus dem Umfeld des Pastorenpaars sind jedoch überzeugt, dass Bao und Xing wegen ihrer Proteste gegen das Demolieren von Kreuzen verfolgt und verhaftet wurden.

Systematisches Wegsperren

Bao Guohua und Xing Wenxiang sind bei weitem nicht die einzigen Christen, die unter zweifelhaften Anschuldigungen verhaftet oder verurteilt wurden. Im März 2015 wurde Pastor Huang Yizi wegen «Anstachelung der Öffentlichkeit zu Ungehorsam» zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden.

Am 27. Januar 2016 wurde Gu Yuese, ebenfalls Pastor der Drei-Selbst-Bewegung, unter dem Vorwurf der Korruption festgenommen. Er wird an einem unbekannten Ort festgehalten. Menschenrechtler sprechen von einem gezielten Einschüchterungsversuch.

Auch wurden rund 20 Menschenrechtsanwälte, die sich gegen die Zerstörung von Kreuzen gewehrt hatten, vom Staat angeklagt. Zhang Kai, einer der Anwälte, war im August 2015 verhaftet worden. Zhang hatte Anwälte organisiert, um etwa 100 Kirchen juristisch zu verteidigen, bei denen die Kreuze zerstört worden waren. Nachdem er sechs Monate an einem unbekannten Ort festgehalten worden war, erschien er Ende Februar 2016 im staatlichen Fernsehen. Abgemagert und wohl unter Zwang bezichtigte er sich selbst und gab an, gegen chinesisches Recht verstoßen zu haben. In der Folge wurde er am 23. März 2016 aus der Haft entlassen.

Es ist zu befürchten, dass noch Dutzende von Christen, die sich für die Rechte der Kirchen einsetzen, mit fadenscheinigen Begründungen in Haft sitzen. Elizabeth Kendall, international anerkannte Expertin für Religionsfreiheit, schreibt in einem Bericht vom 14. Oktober 2016: «Bei einer brutalen Verhaftungswelle, die am 11. Juli 2015 begonnen hatte, ließ die Kommunistische Partei Chinas 300 prominente Menschenrechtsaktivisten und Anwälte festnehmen. Unter den Verhafteten waren auch etliche, die sich für Kirchen aus der Provinz Zhejiang einsetzten.»

Millionen von Christen

Die amerikanische Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) hatte den abgetretenen US-Präsidenten Barack Obama aufgefordert, Chinas Staatschef Xi Jinping am G-20-Gipfel von Anfang September 2016 in der Provinz Zhejiang auf die Religionsfreiheit in seinem Land aufmerksam zu machen.

Regierungsbehörden gehen davon aus, dass es in China etwa 30 bis 50 Millionen Christen gibt. Inoffizielle Schätzungen gehen von bis zu 100 Millionen Christen aus.

 

Reto Baliarda

Appelltext

Your Excellency,

Christianity is one of the officially recognized religions in China. The cross is an important symbol of Christianity, representing the death and resurrection of Jesus Christ. Moreover, a cross on a church roof has nothing to do with infiltration from the West, inasmuch as Christianity originated in the Middle East. We are thus very concerned that Christians were arrested while resisting the demolition of crosses. As a matter of urgency, we ask you to release these  imprisoned Christians and human rights activists.

We particularly ask you to cancel the sentences against Bao Guohua and Xing Wenxiang for resisting the destruction of crosses.

 

Das Christentum gehört in China zu jenen Religionen, die offiziell anerkannt sind. Das Kreuz ist ein wichtiges Symbol des Christentums, das den Tod und die Auferstehung von Jesus Christus darstellt. Ein Kreuz auf den Kirchendächern hat nichts mit Infiltration aus dem Westen zu tun, da auch der Ursprung des Christentums im Nahen Osten liegt. Wir sind daher sehr besorgt, dass Christen in Haft genommen wurden, weil sie sich gegen die Demontage von Kreuzen zur Wehr gesetzt hatten. Wir bitten Sie deshalb, diese inhaftierten Christen und Menschenrechtsaktivisten freizulassen.

Insbesondere bitten wir Sie, die Freiheitsstrafen wegen des Protestes gegen die Entfernung von Kreuzen für Bao Guohua und Xing Wenxiang aufzuheben.