22. Oktober 2014

Christ- und Muslimsein plötzlich strafbar

Hinduextremisten führen im indischen Bundesstaat Chhattisgarh einen Feldzug gegen den «fremden Einfluss» von Nichthindus. Schon in mehr als 50 Dörfern wurde jegliche nicht­hinduistische religiöse Aktivität verboten.

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«Raus aus unseren Dörfern oder ihr werdet die Konsequenzen tragen müssen!» Diese Drohung erhielten im Juli 2014 die Christen in den Dörfern des Distrikts Bastar im indischen Bundesstaat Chhattisgarh. Die radikale hinduistische Organisation Vishwa Hindu Parishad (VHP, «Welt-Hindu-Rat») führt seit Mai 2014 eine umfangreiche Kampagne gegen die Christen im Distrikt Bastar.

Nur Hindus wahre Inder

Die VHP ist Teil einer extremistischen hindu-nationalistischen Bewegung, die gerade in den ländlichen Gebieten in Chhattisgarh starken Einfluss hat. Der politische Arm der Bewegung ist die Bharatiya Janata Party (BJP) – die Partei des neu gewählten Premierministers Narendra Modi und stärkste Partei im nationalen Parlament. Die Ideologie, die die BJP und die VHP teilen, wird Hindutva genannt: Staat und Religion sind eng verknüpft, als «wahre Inder» gelten nur Hindus. Die VHP stellt sich offen gegen Christen und Muslime. Auf ihrer Website schreibt sie: «Barbarische, fanatische Evangelisten und islamische Parasiten fressen sich in die Kerngebiete des hinduistischen Landes und reduzieren die Hindus zu einer unbedeutenden Minderheit, zu drittklassigen Bürgern, zu Fremden in ihrem eigenen Land. […] Unsere Mission ist es, diese Hindu-Feinde zu bekämpfen und sie zu besiegen.» Die Angst, zur Minderheit zu werden, ist natürlich absurd: Gemäss der Volkszählung von 2011 sind 98?% der 23 Millionen Einwohner von Chhattisgarh Hindus.

Diskriminierung nimmt zu

Seit der Wahl des Hindunationalisten Narendra Modi zum Premier­minister im Mai 2014 haben die Schikanen gegen Christen in Chhattisgarh zugenommen. Die VHP nutzte den grossen Einfluss, den sie auf die Dorfräte in der Region hat, und erwirkte, dass Nichthindus in über 50 Dörfern jegliches Verkündigen und Beten verboten wurde. Im Dorf Sirisguda sollten die Christen sogar mithelfen, ein hinduistisches Fest zu finanzieren. «Die Christen weigerten sich zu spenden und sprachen abwertend über hinduistische Götter, deswegen wurden sie verboten», erklärte der Vorsitzende des Dorfrats, Jamuna Bahel.
Die Verbote ermutigen Extremisten dazu, Christen zu benachteiligen und sogar offen anzugreifen. In Sirisguda wurden bedürftigen christlichen Familien monatelang die ihnen zustehenden Nahrungsmittelrationen verweigert. Als sie sich bei den Behörden beschwerten, wurden sie geschlagen. Zehn Christen mussten im Krankenhaus behandelt werden.
Wie strikt die Verbote durchgesetzt werden, hängt von den lokalen Behörden ab. Suresh Yadav, Distriktspräsident der VHP, kündigte allerdings an: «Es ist die Verantwortung der Distriktverwaltung, die Verbote durchzusetzen. Wenn sie das nicht tut, werden wir protestieren und uns auch an die Regierung des Bundesstaates wenden.»
The Hindu | Morning Star News


Antikonversionsgesetz in Chhattisgarh

Im Bundesstaat Chhattisgarh ist seit dessen Gründung (Abspaltung von Madhya Pradesh im Jahr 2000) ein Antikonversionsgesetz in Kraft, das 2006 vom Parlament bedeutend verschärft wurde. Damit die Änderungen in Kraft treten können, muss der Gouverneur sie unterzeichnen, was er bisher zum Glück nicht getan hat. Wir hatten im April zum Appell an den Gouverneur aufgerufen.
Artikel vom April 2014
Die Verschärfungen hätten gravierende Folgen: 30 Tage vor der Bekehrung müsste bei den Distriktsbehörden eine Bewilligung eingeholt werden. Zudem gäbe es keinen Schutz vor staatlicher Willkür: Jegliche Klage gegen Behörden, die das Gesetz in gutem Glauben angewendet haben, wäre ausgeschlossen. Diese Regelungen verstossen in krasser Weise gegen international anerkannte Rechtsgrundsätze wie etwa das Diskriminierungsverbot, das Recht auf freie Wahl der eigenen Religion und das Recht auf ein faires Verfahren.

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