26. April 2018

Christen im Scharia-Staat

Im nordnigerianischen Bundesstaat Kano wurde vor Jahren die Scharia eingeführt. Christen sind klar in der Minderheit. Obwohl die Lage derzeit ruhig ist, kommt es nicht selten zu religiös motivierten Übergriffen.

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Auf ihrer letzten Nigeria-Reise besuchten die CSI-Mitarbeiter Franco Majok und Joel Veldkamp die nördliche Großstadt Kano. Bischof John Namaqzah Niyring von der katholischen Diözese in Kano ist dankbar, mit CSI zusammenarbeiten zu können. Auch schätzt er das gute Einvernehmen mit anderen, z.B. evangelischen Konfessionen. Die Wichtigkeit des Zusammenhalts unter Christen ist ihm bewusst, denn: «Wir Christen machen in Kano nur fünf Prozent der Bevölkerung aus.»

Bei den anderen 95 Prozent, so der Bischof, handelt es sich praktisch ausschließlich um Muslime, die meisten davon sunnitischer Prägung. Zudem herrscht in Kano das islamische Gesetz, die Scharia. Der Alltag ist hier für die christliche Minderheit eine große Herausforderung. So brauche es zum Beispiel viel Geduld, bis die Behörden einem Baugesuch für eine Kirche zustimmen.

Muslime an christlichen Schulen

Bischof John setzt alles daran, ein möglichst entspanntes Verhältnis mit den Muslimen zu pflegen. So betreibt die Diözese je eine Sekundarschule für Mädchen und Buben. «Auch muslimische Eltern schicken ihre Kinder gerne zu unserer Schule. Denn viele unserer Absolventen schließen später erfolgreich ein Universitätsstudium ab», freut sich Bischof John über den Erfolg der Schulen, um deren Anerkennung er jedoch auch kämpfen musste. Denn zuweilen warfen Muslime der Diözese vor, die Schulen für die Evangelisation zu missbrauchen.

Übergriffe und Tumulte

Trotz aller Bemühungen um ein friedliches Nebeneinander mit den Muslimen bleibt die Lage für die Christen in Kano schwierig. Auch von Übergriffen sind sie nicht verschont. Dazu der Bischof: «Seit 1980 ist es in Kano zu zehn gros­sen, religiös motivierten Angriffen gekommen.» Beim ersten Konflikt wandten sich Anhänger der sogenannten Maitatsine-Bewegung von Mohammed Marwa im Namen Allahs gegen die etablierten muslimischen Gelehrten. Marwa wollte, das alle Muslime wie die saudi-arabischen Muslime des 7. Jahrhunderts leben. Über 4000 Menschen kamen ums Leben, darunter auch Marwa selbst.

In schrecklicher Erinnerung blei­ben auch die gewalttätigen Ausschreitungen von 1991 als Folge einer Großveranstaltung des deutschen Evangelisten Reinhard Bonnke. Die Tumulte dauerten zwei Tage lang. Über 200 Menschen wurden dabei getötet, die meisten davon Christen.

Die Terrormiliz Boko Haram, die vor allem im Nordosten Nigerias ihren Schrecken verbreitet, hat auch die Menschen in Kano das Fürchten gelehrt. Am 20. Januar 2012 zündeten die Extremisten in der Millionenstadt mehrere Bomben und gingen mit Waffen auf die Zivilbevölkerung los, vor allem auf Christen. Über 150 Menschen verloren dabei ihr Leben. Hunderte von Christen flohen aus Kano, was damals auch negative Folgen für die Schulen der Diözese nach sich zog. «Vor dem fürchterlichen Angriff besuchten 350 Kinder unsere Schulen. Danach hatten wir nicht einmal mehr 30 Schüler. Immerhin ist gegenwärtig die Anzahl der Schüler wieder im Steigen begriffen», erklärt Bischof John mit dankbarer Miene.

Unbezahlbare Zusammenarbeit

Dankbar äußert sich der Leiter der Diözese von Kano auch gegenüber CSI. «Wir schätzen die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit Ihnen. Ganz besonders danken wir CSI für die große Unterstützung der christlich geführten Kliniken im ländlichen Gebiet von Kano. Nach wie vor gebe es viele Herausforderungen anzupacken. So müsse insbesondere darauf geachtet werden, dass die Patienten ausreichend ernährt sind. CSI fördert daher für die christlichen Dorfgemeinschaften ein Ernährungsprogramm und unterstützt sie in der Landwirtschaft. Zudem wird die medizinische Versorgung verbessert. All dies trägt dazu bei, diskriminierte religiöse Minderheiten in Kano zu stärken.

Reto Baliarda

 


 

Islam und Christentum in Kano

 

Die Stadt Kano mit ihren geschätzten fünf Millionen Einwohnern ist ein kommerzielles Zentrum, in dem ein reger Handel mit dem Tschad, Niger, Kamerun und auch Mali stattfindet. Der Islam erreichte Kano im 14. Jahrhundert und verdrängte das traditionelle afrikanische Glaubenssystem. Gegenwärtig regiert in Kano der 14. Emir der Fulani-Ethnie.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelangten Anglikaner (1903) und Katholiken (1918) nach Kano. Ein Großteil der Christen auf dem Lande sind Eingeborene, die nie islamisiert wurden. In der Stadt Kano selbst stammen die meisten Christen aus anderen Regionen Nigerias.

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