
Caleb Mutfwang, der neue Gouverneur von Plateau, ist der erste ranghohe Politiker Nigerias, der die Attacken gegen die ansässige Bevölkerung als «Völkermord» bezeichnet. Allerdings nennt er die Angreifer nicht beim Namen. Dies im Gegensatz zu CSI-Partner Dalyop Solomon Mwantiri.
Auf der offiziellen Website wird der zentralnigerianische Bundesstaat Plateau als «die Heimat des Friedens und des Tourismus» bezeichnet. Doch diese Region hat sich in den letzten Monaten und Jahren zu einem Brennpunkt der Gewalt entwickelt. Nach Angaben von Intersociety, einer nigerianischen Nonprofit-Organisation, die Daten über dschihadistische Angriffe sammelt, wurden in Plateau von Januar bis Juni dieses Jahres 502 Christen umgebracht. Intersociety schätzt die Zahl der Getöteten in ganz Nigeria im selben Zeitraum auf insgesamt 2500.
In einem Interview mit dem einheimischen Fernsehsender «Channels TV» sprach Gouverneur Caleb Mutfwang am 9. Juni 2023 von einem «eindeutigen Völkermord», der gegen die Bevölkerung von Plateau verübt werde. Mindestens 150 Einwohner seien in den letzten drei Wochen getötet worden, und 30‘000 Menschen lebten jetzt in Lagern, nachdem sie aus ihren Häusern vertrieben worden seien.
«Die jüngsten Morde ereigneten sich vor allem im Norden des Bundesstaates insbesondere im Bezirk Mangu», bemerkte Mutfwang, der am 29. Mai 2023 zum Gouverneur von Plateau gewählt wurde. Zuvor war er Vorsitzender des Bezirksrates von Mangu.
Mutfwang nahm auch am 23. Juni in einem weiteren Interview in der Zeitung «Nigerian Independent» den Begriff Genozid in den Mund. Wörtlich sagte er: «Was wir sehen, ist ein lupenreiner Völkermord… ein bewusster und orchestrierter Plan, um das Leben von zahlreichen Menschen auszulöschen.»
Laut dem CSI-Forschungsbeauftragten Franklyne Ogbunwezeh ist Mutfwang der erste ranghohe Politiker, der «den Mut aufgebracht hat, die Tötungen als Völkermord zu bezeichnen.» Normalerweise begnügten sich Politiker damit, von «Zusammenstössen» zwischen Bauern und Viehhütern zu sprechen, die um Weideland streiten. «Es scheint, dass die Einschätzung von CSI in den Schaltzentralen der Macht in Nigeria nun Gehör findet», fügt er an und verweist dabei auf die Genozidwarnung gegen nigerianische Christen, die CSI am 30. Januar 2020 herausgegeben hatte.
Allerdings nannte der Gouverneur von Plateau weder den Namen der Angreifer noch die Religionszugehörigkeit der Opfer. Er sprach lediglich von Augenzeugenberichten über «ausländische Söldner».
CSI-Partner Dalyop Solomon Mwantiri redet hingegen Klartext, was die Angreifer betrifft. In einem Video-Beitrag vom 12. Juni 2023 wendet er sich an Caleb Mutfwang und Nigerias Präsident Bola Tinubu, «Es handelt sich nicht um einen Zusammenstoss zwischen Bauern und Viehhütern. «Es ist ein grossangelegtes Verbrechen und Terrorismus, die von Fulani-Milizen gesteuert werden.»
Gegen diese tödlichen Übergriffe müssen die politischen Verantwortungsträger dringend etwas unternehmen, mahnt Solomon eindringlich. «Doch bis heute ist gar nichts geschehen!»
Die jüngsten Angriffe in Plateau betrafen vor allem christliche Gemeinden und sind daher religiös motiviert. Unter den Toten befinden sich auch mehrere Pastoren und Menschen, die gerade einen Gottesdienst besucht hatten. Warum Caleb Mutfwang jedoch mit keiner Silbe erwähnt, dass Christen die Zielscheibe der Fulani-Attacken sind, weiss nur er.
Morven Mclean, Reto Baliarda
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