Jahrzehntelang Vertriebene im eigenen Land

In Myanmar leben über 100 verschiedene Volksstämme. Durch die jahrzehntelange, oft gewaltsame Ausgrenzung vieler ethnischer Gruppen ist das Land heute die Heimat tausender Vertriebener. CSI-Partnerin Kakreh setzt sich für unterdrückte Christen der Karen-Ethnie ein.

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«Unser Leben war von ständiger Angst geprägt und ist es weiterhin», erzählt Moo, ein Vertriebener der ethnischen Karengruppe. Wir trafen ihn auf unserer letzten Reise in einem Binnenflüchtlingslager in Myanmar an der Grenze zu Thailand. «Das Dorf, in dem ich mit meiner Familie lebte, wurde jahrelang von der Armee angegriffen. Jedes Mal verbrannten sie unsere Strohhütten, unsere Felder und unser Vieh. Wer konnte, flüchtete.»

Doch es gab kaum einen Überfall, bei dem nicht auch Menschen getötet oder verschleppt wurden, erzählt Moo. So entschied er sich 2009, mit seiner Familie endgültig das Dorf zu verlassen. «Nach wochenlanger Flucht erreichten wir dieses Binnenflüchtlingslager.»

Im Lager isoliert

Das Leben im Binnenflüchtlingslager ist für Moos Familie aber keineswegs sorgenfrei: «Auch wenn wir uns hier etwas sicherer fühlen, leben wir wie Gefangene und in ständiger Angst. Zwar wird das Camp rund um die Uhr von unserer eigenen Karen-Miliz bewacht und bei Angriffen verteidigt. Doch es kann jederzeit geschehen, dass die burmesische Armee uns verschleppen oder gar töten würde. Wir können das Lager kaum verlassen und leiden deshalb oft Hunger.»

Wohl sagen grosse internationale Hilfswerke Unterstützung für Vertriebene zu. Doch diese Organisationen arbeiten meistens mit der Regierung zusammen. Die Hilfe gelangt vorwiegend an Auserlesene. Die Vertriebenen in den Binnenflüchtlingslagern gehen leer aus.

Armee treibt einen Keil zwischen die Ethnien

«Die Spaltung der verschiedenen ethnischen Minderheiten ist eines der wichtigsten Ziele der burmesischen Regierung», erklärt Projektpartnerin Kakreh*. «Es braucht einen unglaublichen Willen von Seiten aller Minderheiten, damit das Vertrauen untereinander nicht zerstört wird und der Einfluss der Regierung nicht immer mehr überhandnimmt.»

Leider gehen die Übergriffe der burmesischen Armee unvermindert weiter, sowohl gegen muslimische, christliche, aber auch gemässigte buddhistische Minderheiten. Sie werden verschleppt oder gar getötet, ohne dass die Angreifer nach internationalem Recht zur Rechenschaft gezogen werden. Die Opfer haben deshalb keinerlei Hoffnung, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt. CSI wird sich in Zukunft verstärkt dafür einsetzen, ihnen international eine Stimme zu geben, damit ihr unbeschreibliches Leiden gehört wird.

Beherzter Einsatz trotz grosser Gefahr

«Gerne wäre ich in die Schweiz gekommen, um über die schwierige Lage von ethnischen Minderheiten in Myanmar zu erzählen», erklärt Kakreh. «Ich selber bin eine christliche Karen, bin aber in Thailand an der Grenze zu Myanmar geboren und lebe seither dort. Seit vielen Jahren setze ich mich für Karenflüchtlinge ein, die in Flüchtlingslagern in Thailand leben.»

Die CSI-Partnerin besucht seit zwei Jahren regelmässig zwei Binnenflüchtlingslager in Myanmar, auch um die Bewohner mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Die Besuche sind wegen des burmesischen Militärs oft sehr riskant. «Doch das fürchterliche Elend der Flüchtlinge in diesen Lagern treibt mich an, mich für sie einzusetzen.» Denn die Lebenssituation und die Sicherheit sind in den Binnenflüchtlingslagern viel prekärer als in den Flüchtlingslagern in Thailand, versichert sie.

Zukunftshoffnung für Kinder – So hilft CSI

«Ich bin CSI unendlich dankbar, dass wir mit einem Projekt starten konnten, um Kindern und Jugendlichen den Schulbesuch in Thailand zu ermöglichen», betont Kakreh. CSI unterstützt diese Arbeit, indem die Internatskosten für die Flüchtlingskinder der Karen-Ethnie in Thailand übernommen werden. Nach dem Abschluss des 12. Schuljahres erhalten die Schüler die Möglichkeit, die thailändische Staatsbürgerschaft zu erwerben.

Dies ist der einzige legale Weg, dass Gefangene in den Binnenflüchtlingslagern eine Zukunft in Freiheit erlangen können.

Immer wieder bitten die Kinder Kakreh: «Bitte hört nicht auf, uns zu unterstützen. Wir wollen eine Ausbildung absolvieren und so später unseren Familien in den Lagern helfen. Wir danken allen zutiefst für diese Chance.»

Schliesslich hat CSI auch einen Fonds eingerichtet. Dieser ermöglicht die medizinische Nothilfe für Menschen in einem Binnenflüchtlingslager in Myanmar, das Kakreh regelmässig besucht.

Projektleiterin Myanmar

* Name aus Sicherheitsgründen geändert

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Flüchtlingskinder entkommen Angst und Hunger


Drittgrösste Bevölkerungsgruppe

Nach dem Ende der britischen Kolonialmacht 1947 entstand dank General Aung San (Vater von Aung San Suu Kyi) das «Panglong-Abkommen». Dieses ermöglichte den ethnischen Minderheiten, sich zu einer Union zu vereinen und die gleichen politischen und sozialen Rechte wie die burmesische Mehrheit zu erhalten. Doch kurz darauf wurde 1948 der burmesische Nationalist U Nu als Premierminister gewählt, der General Aung San ermorden liess und das Abkommen für ungültig erklärte. Seitdem werden die Minderheiten durch die Regierung unterdrückt. Zwar gab es immer wieder Zeiten, in denen die Demokratie- und Föderalismusbefürworter Hoffnung schöpften. Doch dies war immer nur von kurzer Dauer.

Die Karen sind die drittgrösste Bevölkerungsgruppe von Myanmar. Sie machen etwa 7 Prozent der über 50 Millionen Burmesen aus. Darüber hinaus leben etwa 400 000 Karen in Thailand. Die meisten Karen gehören heute dem Christentum an.

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