
In vielen Gebieten Indiens leben Angehörige von Minderheiten in ständiger Furcht vor Übergriffen. Die Polizei unternimmt oft nichts gegen die Gewalt.
«Was, in Indien gibt es religiöse Verfolgung? In den Medien ist praktisch nie etwas davon zu hören oder zu lesen». Solche und ähnliche Aussagen hören wir immer wieder, wenn wir von Verfolgung religiöser Minderheiten in Indien sprechen.
Die Angriffe auf Angehörige von Minderheiten haben seit der Wahl von Premierminister Narendra Modi im Mai 2014 stark zugenommen. Nicht nur in den ländlichen Gebieten wüten kleinere extremistische Gruppen. Mittlerweile hört man immer wieder von Übergriffen in der Hauptstadt New Delhi.
Anwältin Arora meint: «Dass die Extremisten nun sogar in der Hauptstadt aktiv sind, ist kein gutes Zeichen. Auf Grund der Intensivierung der Angriffe haben wir anfangs Jahr ein Notfalltelefon eingerichtet. Seitdem wurde diese Nummer über 6700 mal gewählt. Zwar sind nicht alles Meldungen von Vorfällen. Viele rufen an, um ihre Angst zu bekunden und sich zu versichern, dass sie im Notfall diese Nummer wählen könnten. Doch allein die hohe Anzahl der Anrufe zeigt, in welcher Angst die Leute leben.» Dank dieser Helpline und einem Twitter-Account konnten über 340 gemeldete Übergriffe (die Dunkelziffer ist weit höher) identifiziert werden. Diese werden von einem Anwaltsnetz betreut, das sich hauptsächlich auf Opfer von Minderheiten spezialisiert.
Die religiösen Minderheiten in Indien sind akut gefährdet, sei es durch Diskriminierung in Schulen und am Arbeitsplatz, Drohungen, willkürliche Festnahmen bis hin zu Tätlichkeiten, Vergewaltigungen oder gar Mord. Nicht selten werden christliche und muslimische Häuser, Schulen oder auch Kirchen und Moscheen zerstört.
Oft rotten sich Extremisten zusammen, stürmen Gottesdienste und greifen Gläubige tätlich an. Eine weitere Taktik zur Zermürbung der Minderheiten ist es, Frauen nackt auszuziehen und sie auf offener Strasse entwürdigend zu behandeln.
Auch die Polizei und lokale Behörden stellen sich häufig gegen Angehörige von religiösen Minderheiten. Bei Übergriffen nehmen sie vielfach ihre Verantwortung nicht wahr. Nicht selten werden sogar Opfer zu Tätern gemacht. Anstatt eine Anzeige erstatten zu können, werden sie tagelang ohne Anklage festgehalten, verprügelt und erniedrigt.
Anwalt Chhinchani, der eng mit der CSI-Partnerorganisation vor Ort zusammenarbeitet, führt viele Fälle bis ans Obergericht. Die schlechte Behandlung von Minderheiten entsetzt ihn: «Haben nicht auch die Angehörigen der untersten Kasten und Minderheiten das Recht auf Gleichberechtigung in der Gesetzgebung?» CSI setzt sich zusammen mit seinen Partnern vor Ort für die Rechte von diskriminierten religiösen Minderheiten ein.
Projektleiterin Indien
Der Menschenrechtsaktivist und Mitglied des Nationalen Integrationskomitees, John Dayal, hat zusammen mit Shabnam Hashmi, einer bekann- ten Sozialaktivistin, einen Bericht über die ersten 365 Tage von Narendra Modis Regierung veröffentlicht.
Nebst dem Erwähnten werden folgende Punkte im fast 200-seitigen Bericht kritisiert:
Dies sind nur einige von vielen Kontrollmethoden von Narendra Modi und seiner Partei BJP (Bharatiya Janata Party). John Dayal sieht die kulturelle Vielfalt Indiens bedroht. Er ist besorgt über die Auswirkungen der fundamentalistischen politischen These des BJP: «Indien ist eine Nation, ein Volk, eine Kultur».
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