26. Juli 2022

Wird Mosambik von Islamisten überrannt?

Afrika steht seit Jahrzehnten im Fadenkreuz des militanten islamischen Dschihad. Ziel ist es, strukturell schwache afrikanische Länder zu kapern und sie zu Brückenköpfen für den dschihadistischen Kampf um die Weltherrschaft zu machen. In Mosambik wird derzeit eine neue Front eröffnet.

Frauen auf einer Strasse in Mosambik

Mosambiks Zukunft verdüstert sich. Im Norden des Landes dringen Dschihadisten vor. Photo: Pixabay/Jeanvdmeulen

 

Wie der islamistische Terror in strategisch wichtigen Ländern in Afrika vorgeht, sehen wir am Beispiel von Nigeria. Hier haben die Kämpfer von Boko Haram und dem Islamischen Staat für Westafrika (ISWAP) bereits grosse Gebiete erobert und ihre Schreckensherrschaft im Nordosten, Nordwesten und im Middle Belt aufgerichtet. Bekannt ist das Vordringen der Dschihadisten auch in der Zentralafrikanischen Republik und in der Demokratischen Republik Kongo.

Eine neue Front in Mosambik

Nun scheint sich in Mosambik eine weitere Front zu bilden. Hier führt der IS seit 2017 eine von Gräueltaten geprägte Terrorkampagne gegen Christen und generell gegen die Zivilbevölkerung in der Provinz Cabo Delgado im Norden des Landes. Unlängst behauptete die IS-Propaganda über Twitter, im Juni 2022 insgesamt 19 Angriffe durchgeführt zu haben. Dabei seien 33 Menschen getötet (10 Soldaten und 23 Christen), mehr als 250 Häuser (davon 9 Kirchen) in Brand gesetzt und mehr als 11.000 Christen aus ihren Dörfern vertrieben worden.

Kriegspropaganda oder nicht?

Mehrere Quellen bestätigen zwar diese Angriffe, nicht aber die Religionszugehörigkeit der Opfer und auch nicht die behaupteten Zahlen der niedergebrannten Kirchen und der vertriebenen Christen. Laut Cabo Ligado, einem Medienprojekt, das sich auf die Krise und den Aufstand in Mosambik konzentriert, war im Juni 2022 «ein erheblicher Anstieg der Gewalt zu verzeichnen, als die Aufständischen aus den nördlichen Bezirken von Cabo Delgado aufbrachen, eine Offensive in Ancuabe, Chiure und Mecufi starteten und bis an die Grenze der Provinz Nampula vordrangen». Im Bezirk Ancuabe habe eine Serie von Überfällen innerhalb von drei Wochen zu einer massiven Vertreibung von 20.000 Menschen geführt. Aus einer Liste der UNO geht hervor, dass zwischen dem 1. und 30. Juni schätzungsweise 6.403 Haushalte in 29 Ortschaften betroffen waren.

Fünf Kirchen niedergebrannt

Die Behauptungen des IS, 23 Christen getötet, 9 Kirchen niedergebrannt und 11.000 Christen zur Flucht gezwungen zu haben, können derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Aus öffentlich zugänglichen Informationen geht jedoch hervor, dass eine Kirche im Dorf Nanoa, fünf Kilometer nördlich von Ancuabe, am 18. Juni niedergebrannt wurde. Zwei weitere Kirchen wurden am 19. Juni in Macaia, sechs Kilometer nordöstlich von Ancuabe, in Brand gesetzt und zwei Christen enthauptet. Am 23. Juni steckten Aufständische eine weitere Kirche im Dorf Nkoe im Bezirk Macomia in Brand. Am selben Tag töteten sie im Dorf Litandacua einen Christen und brannten eine Kirche bis auf die Grundmauern nieder. Es wurden also insgesamt fünf Kirchen abgefackelt und drei Christen getötet. Die Behauptung des IS, 11.000 Christen vertrieben zu haben, dürfte Propaganda sein. Möglicherweise hat der IS sich die von der Internationalen Organisation für Migration genannte Zahl angeeignet. Die IOM schrieb: «Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schätzt, dass nach dem Angriff auf Nanduli am 5. Juni über 11.000 Menschen geflohen sind, vor allem nach Pemba und Chiure, aber auch in andere benachbarte Bezirke.»

4000 Tote und bald 800.000 Binnenvertriebene

Offenbar betrachtet der IS sämtliche Opfer seiner Angriffe in diesem Gebiet unterschiedslos als Christen. Dies ist vor dem Hintergrund der Tatsache zu betrachten, dass mindestens 54,2 Prozent der Bevölkerung des Landes Christen sind. Das verdeutlicht auch hier, dass die Christenverfolgung ein Hauptziel der IS-Kampagne in Afrika ist. Auch in Mosambik verfolgen die Dschihadisten die erklärte Absicht, Christen zu töten und ihre Kirchen anzuzünden. Die meisten Binnenflüchtlinge haben sich in die relativ sicheren südlichen Bezirke Montepuez, Balama, Ancuabe, Chiure, Mecufi und Pemba-Stadt zurückgezogen. Vor dem Angriff von Nanduli am 5. Juni gab es in Ancuabe zwölf Zentren für Binnenvertriebene, in denen Organisationen wie WFP, UNICEF, Caritas, Medicus Mundi, Muleide und Kulima Hilfe leisteten. Die meisten dieser Organisationen waren jedoch gezwungen, ihre Mitarbeiter in benachbarte Bezirke zu verlegen, da die Gefahr von Angriffen durch den IS immer grösser wurde. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gibt es 784.000 Binnenvertriebene aufgrund des Konflikts, und nach Angaben des Konfliktregistrierungsprojekts ACLED sind etwa 4.000 Menschen getötet worden.

Mehrheitlich christlich, reich an Rohstoffen

Mosambik hat eine wechselvolle Geschichte. Das rohstoffreiche Land an der Südostküste Afrikas grenzt im Süden an Südafrika, im Norden an Tansania, Malawi und Sambia und im Westen an Simbabwe. Es verfügt über Tausende von Kilometern Küste entlang des Indischen Ozeans und erlangte 1975 nach fast 500 Jahren portugiesischer Kolonialherrschaft und einem erbitterten Befreiungskrieg seine Unabhängigkeit von Portugal. Mosambik stürzte aber 1977, nur zwei Jahre nach der Unabhängigkeit, in einen verheerenden Bürgerkrieg. Dieser dauerte bis 1992 und kostete über eine Million Menschen das Leben, weitere fünf Millionen wurden vertrieben.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Mosambiks ist christlich – 18 Millionen der 33,2 Millionen Einwohner, beziehungsweise 54,2 Prozent der Bevölkerung. Gemäss dem «Mozambique Country Report» hat die muslimische Gemeinschaft im Land jahrhundertelang einen toleranten, von den Sufis inspirierten und auf Suaheli basierenden Islam praktiziert. Die meisten Imame werden jedoch in Ägypten, Kuwait oder Saudi-Arabien ausgebildet und kehren mit einer fundamentalistischeren Auslegung des Islam zurück.

Rebellen im Norden des Landes

Die nördliche Provinz Cabo Delgado, die reich an Erdgas ist, wird seit 2017 von bewaffneten Rebellen terrorisiert, wobei einige Angriffe auf das Konto der Extremisten vom Islamischen Staat gehen. Analysen des Aufstands im Norden und in der Region Cabo Delgado ergeben, dass die Kämpfer sich Missstände bei ethnischen Gruppen wie den Mwani gegenüber der Makonde-Ethnie zu Nutze machen. Der Reichtum in Cabo Delgado liegt in den Händen der Makondes, die gut vernetzt und in der Frelimo vertreten sind. Präsident Nyusi selbst ist makondischer Abstammung. Vier Jahre nach dem ersten Auftauchen militanter Islamisten in Cabo Delgado gibt es noch kaum Informationen über ihre Zusammensetzung und ihre Ziele. Seit Juli 2021 hat eine Offensive der Regierungstruppen mit ruandischer Unterstützung, der sich später auch noch die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) anschloss, Gebiete zurückerobert, in denen sich Rebellen aufhielten.

Vertriebenen Christen helfen

Christian Solidarity International (CSI) klärt Wege ab, wie den vertriebenen Christen in Mosambik nachhaltig geholfen werden kann.

Franklyne Ogbunwezeh

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Yvonne Haug
17. August 2022
danke für die Information was gerade geschieht in meinem Umfeld in der Schweiz in Kreuzlingen kann ich Fürbitte machen. In vieken Ländern der Erde ist, dass die Menschengruppen getrieben und aus dem Leben gerissen werden von radikalen Organisationen ausgeführt. Als Mutter kann ich Gott danken, dass ER seinen Kindern auch da den Anteil am ewigen Leben gibt. Ja, Achtsam und Barmherzig sollen wir mit unseren Mittmenschen sein. Friede dem Team in CDI im Kampf gegen das Böse sende ich aus Kreuzlingen