24. August 2017

Nahrungsmittel für Hungernde

Viele Menschen im Südsudan leiden unter der schweren Hungersnot. Sie ernähren sich seit Monaten nur von wilden Blättern. Dank dem unermüdlichen Einsatz von CSI-Projektmanager Franco Majok erreicht CSI viele unterernährte und hungernde Menschen.

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Franco Majok und sein lokales Team arbeiten in diesem Sommer auf Hochtouren. Neben den Sklavenbefreiungen planen und organisieren sie die so wichtigen Lebensmittelverteilungen in der Region des nördlichen Bahr-el-Ghazal. Im Juni dieses Jahres waren auch Geschäftsführer Benjamin Doberstein und Redaktionsleiter Reto Baliarda vor Ort, um Franco Majok zu unterstützen.

In der Nähe der Stadt Wanyjok besucht das Team eine kleine Dorfgemeinschaft. Einige von ihnen sind ehemalige Sklaven. Die Bewohner liegen unter einem Baum und schützen sich so vor der sengenden Hitze. Sie sind ausgemergelt und kraftlos. Alle leiden extrem unter der gegenwärtigen Hunger­krise.

Entkräftete Frau ringt ums Überleben

Bei der jungen Frau Agol Deng ist die Mangelernährung besonders augenfällig. Sie ist offensichtlich sehr geschwächt und abgemagert. Mit schwacher Stimme berichtet sie von ihrer Situation. Ursprünglich lebte sie an der Grenze zum Sudan. Ihre Familie betrieb Viehzucht und konnte sich dadurch ausreichend ernähren. «Doch eines Tages haben die Araber auf einem Feldzug gegen die Dinkas alle Kühe geraubt. Danach hatten wir nichts mehr», erzählt sie mit gesenktem Haupt. Später sei sie in dieses Dorf gezogen, wo sie einige Verwandte hat.

Während des Gesprächs hält Agol stets ihre kleine Tochter Abuk im Arm. Auf die Frage, was sie gegenwärtig zu essen habe, entgegnet die junge Mutter: «Wir haben nichts Richtiges zu essen. Der Hunger quält uns sehr. Ich sammle jeden Tag wilde Blätter. Davon haben wir uns die letzten Monate ernährt. Doch das macht nicht satt. Deshalb sehe ich auch so aus», sagt sie leise und zeigt an sich herab. Franco winkt einen seiner Kollegen herbei. Sie besprechen, aus welchem Lager sie Sorghum für Agol und die anderen Menschen hier beschaffen können.

Seit Monaten nichts als wilde Blätter

Auch Abuk Dut und ihre fünf Kinder leiden Hunger. Sie sind dankbar, dass sie in das Dorf aufgenommen wurden und einen Ort zum Schlafen haben. Doch auch Abuk hat derzeit nichts außer wilde Blätter, um ihre Kinder und sich selbst zu ernähren. Zwar hat sie hier ein kleines Feld. «Aber ohne Saatgut hatte ich keine Möglichkeit, etwas anzubauen. Deshalb können wir auch seit Monaten kein Sorghum essen», schildert sie ihre Situation. Manchmal kann Abuk auf dem Markt Brennholz verkaufen. «Mit dem wenigen Geld, das ich dafür erhalte, kaufe ich dann etwas Mehl, um für meine Kinder etwas zu machen», erklärt sie. Allerdings reiche dies bei weitem nicht aus, um den Hunger zu stillen. «Das Hungergefühl begleitet uns ständig.»

Auch Abung Deng fühlt, dass sie am Rand ihrer Kräfte angelangt ist. «Ich bin zu schwach, um ein Feld zu bestellen, da ich mich von nichts anderem als wilden Blättern ernähren muss», sagt sie mit bitterem Ton. Kommt dazu, dass Abung sich auch noch um ihren Enkel Erojo kümmern muss. Die Eltern des Kleinen sind verschollen. Die Dorfgemeinschaft ist alles, was den beiden geblieben ist.

Zu Fuß von Dorf zu Dorf

Dass CSI überhaupt auf die kleine Dorfgemeinschaft aufmerksam wurde, verdankt sie Franco Majok. Während seiner wochenlangen Aufenthalte im Südsudan reist er oft zu Fuß von Dorf zu Dorf und erreicht so hungernde Menschen in entlegensten Regionen, die ansonsten in Vergessenheit geraten würden. Auch die kleine Dorfgemeinschaft bei Wanyjok lässt er nicht im Stich. Franco und seine Begleiter marschieren los und erreichen unter seiner Führung nach rund 20 Minuten ein eingezäuntes Gelände der Gemeindeverwaltung. Hier hat CSI einige 100-Kilogramm-Säcke Sorghum (Hirse) gelagert. Franco Majok hat beschlossen, jedem 50 Kilogramm Sorghum abzugeben. «Das reicht einen Monat für eine üppige Mahlzeit pro Tag. Aber diese Menschen wissen zu haushalten, daher wird es ihnen länger reichen», erklärt er weiter.

Auch Agol, Abung und Abuk bekommen ihre 50 Kilogramm Sorghum. Ihre Dankbarkeit und Erleichterung ist offensichtlich, besonders bei Agol. Ein Lächeln ist auf ihrem Gesicht dennoch nicht zu erkennen. Zu groß ist ihre Erschöpfung nach monatelangem Hunger.

Dank den großzügigen Spenden vieler CSI-Freunde konnten bis Ende Juni hunderte Menschen und Familien mit mindestens 25 Kilogramm Sorghum versorgt werden. Damit konnte ihre größte Not abgewendet werden.

Freude über Rückkehr – trotz Hungerkrise

Auch für die 400 befreiten Sklaven, die CSI im Juni 2017 aus dem Norden in ihre Heimat zurückführen konnte, ist die derzeitige Hungerkrise eine große Herausforderung. Trotzdem versicherten sämtliche ehemalige Sklaven, die CSI während des Besuchs interviewte, dass sie froh und erleichtert sind, wieder in ihrer Heimat im Südsudan zu sein. Zum einen können sie hier endlich in Freiheit ohne Schläge und Missbrauch leben, zum anderen litten sie auch während ihrer jahrelangen Versklavung im Sudan an Hunger, da ihre Sklavenhalter ihnen meistens viel zu wenig zu essen gaben. CSI stattet die Rückkehrer so aus, dass ein Neuanfang auch unter diesen erschwerten Bedingungen gelingen kann. Neben 50 Kilogramm Sorghum erhalten die Rückkehrer auch 25 Kilogramm Erdnüsse und eine weibliche Ziege, die ihnen Milch gibt und zur Zucht genutzt werden kann.

 

Reto Baliarda

 

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