Eine verstossene Volksgruppe bekommt ihre Menschenwürde zurück

Immer mehr Angehörige der vernachlässigten Volksgruppe der Chepang finden zum christlichen Glauben und führen ein zunehmend menschenwürdiges Leben. Einen wichtigen Beitrag dafür leistet Pastor Bibi Tawan. Die Kleingewerbehilfe von CSI ermöglicht vielen ein Einkommen. Zwei Projektleiterinnen haben eine Chepang-Gemeinschaft in einem abgelegenen nepalesischen Dorf besucht.

Mit Unterstützung von CSI hat Mary einen dreimonatigen Nähkurs absolviert. csi

Nach langer Fahrt erreichen die CSI-Projektleiterinnen Badhar Jhula, ein Dorf fernab der Zivilisation in Westnepal nahe der indischen Grenze. Hier haben sich zirka 700 Chepang-Familien niedergelassen. Vom Staat kaum geduldet, leben sie seit rund 20 Jahren in dieser unwirtlichen Gegend. Im Dorf gibt es eine Primarschule, die jedoch staatlich nicht anerkannt ist. Der Bildungsstand der Gemeinschaft ist sehr tief.

Müssen die Menschen ins Krankenhaus, fahren sie zuerst fünf Stunden in die nächstgelegene grössere Ortschaft. Doch wegen ihres Aberglaubens gehen sie selbst bei schwerer Erkrankung höchst selten ins Spital. Dabei ist vor allem der Gesundheitszustand vieler Kinder und älterer Menschen besorgniserregend.

Dass von den 700 Familien heute etwa 350 Familien dem Christentum angehören, ist vor allem dem unermüdlichen und liebevollen Engagement von Pastor Bibi Tawan zu verdanken. Er engagiert sich seit vielen Jahren für die Rechte und Würde der Chepang. Der heute 52-jährige Pastor Bibi fand mit 18 Jahren zum christlichen Glauben. Er wuchs mit den Chepang auf und fühlte schon als junger Christ die Berufung, dieser Volksgruppe zu dienen.

Heute gibt es in Badhar Jhula acht Kirchen. Die Pastoren werden von Pastor Bibi begleitet, der einmal im Monat zu Besuch kommt. Zusätzlich werden dank CSI-Spendern seit fast zwei Jahren viele Chepang beim Aufbau eines Kleingewerbes unterstützt.

Kinder im abgelegenen Dorf Badhar Jhula. csi
Kinder im abgelegenen Dorf Badhar Jhula. csi

Weg aus der Armut dank Ziegen

Eine der Begünstigten ist Arsuna. Ihr Mann arbeitet auf den Feldern. Doch die Ernte der kargen Böden ist so mager, dass sie für die Familie nicht ausreicht. Arsuna bekam von CSI drei Ziegen. Dank der erfolgreichen Zucht hat sie mittlerweile zehn Ziegen. Arsuna möchte ihr Glück jedoch teilen und hat bereits eine Ziege an eine weitere mittellose Familie gegeben.

Auch Pastor Bhakta Bahadur und seine Frau Rupab Raja freuen sich über die erhaltenen Ziegen. Wegen seines Engagements in der Kirchgemeinde bleibt ihm nur wenig Zeit für die Arbeit auf dem Feld. Doch die Gemeindemitglieder sind sehr arm und können dem Pastor zum Lebensunterhalt kaum etwas abgeben. Die Ziegen sind deshalb für Bahadurs Familie eine wichtige Einkommensquelle. «Vielen Dank für die Hilfe, die Sie mir und meiner Gemeinde zukommen lassen.»

Nähprogramm öffnet neue Türen

Nebst der Ziegenzucht ist auch das Nähprogramm ein wesentlicher Bestandteil der Kleingewerbeförderung in Badhar Jhula. Verantwortlich dafür ist Bibi Tawans Ehefrau Danmaya, die auch als Pastorin tätig ist. Dabei kann sie sich auf die Hilfe von zwei Lehrerinnen abstützen, die die Kursbesucher im Nähen und Stricken unterrichten. Für die dreimonatige Nähausbildung kommen Männer und Frauen aus verschiedenen Dörfern zu ihnen nach Bhandara (Distrikt Chitwan), das etwa fünf Autostunden von Badhar Jhula entfernt ist.

Das von CSI unterstützte Programm läuft seit bald zwei Jahren. Seitdem konnten 40 Personen diese Ausbildung absolvieren.

Zu den Kursabsolventinnen gehört auch die 18-jährige Mary. Sie ist bereits verheiratet und hat ein Kind. Ihren Mann sieht sie nur selten, da er weit weg von zuhause in einer Fabrik arbeitet. Zusammen mit zehn Dorfbewohnern nahm Mary vor zwei Jahren am dreimonatigen Nähkurs in Bhandara-Chitawan teil. «Seitdem nehmen wir Aufträge entgegen, um Kleider zu nähen», erklärt Mary voller Dankbarkeit. Die Hauptbeschäftigung ist jedoch die Herstellung von Stofftaschen, die an die «Clean-Nepal-Society» verkauft werden, um Plastiktaschen zu vermeiden.

Auch Regina näht fleissig Kleidungsstücke. Dank den 60 Franken, die sie nun monatlich verdient, kann sie ihre Kinder zur Schule schicken. Regina bedankt sich herzlich für die wertvolle Grundausbildung und die Nähmaschine. Sie sagt: «Ich unterrichte nun auch andere Frauen im Dorf. Wenn ich mit weiteren Techniken vertraut bin, kann ich noch mehr Frauen das Nähen beibringen.»

Überlebenswichtige Hilfe

Während der Covid-Pandemie konnte in Badhar Jhula 355 Familien geholfen werden. Dafür sind sie CSI äusserst dankbar. Da sie so fernab der Zivilisation leben und keine Grundnahrungsmittel mehr ins Gebiet gebracht wurden, litten sie häufig an Hunger. Die Lebensmittelpakete, welche Pastor Bibi mit einer Spezialbewilligung abgeben durfte, waren für sie überlebenswichtig.

Stellvertretend für die ganze Chepang-Gemeinschaft äussert Rupab Raja, die Ehefrau von Pastor Bhakta Bahadur, ihre grosse Dankbarkeit: «Vielen Dank für Ihre Unterstützung, für Ihr grosses Herz für die verfolgten Menschen. Danke, dass Sie bis hierhergekommen sind, um uns in dieser abgelegenen Gegend zu besuchen. Danke im Namen unserer Kirche und Familie.»

Hier können Sie für die vernachlässigte christliche Chepang-Gemeinschaft in Nepal spenden. Vielen Dank.

Von der Regierung schikaniert

Pastor Bibi ist mit der Lage der Chepang gut vertraut. «Die Chepang-Gemeinschaft ernährte sich von Yamswurzeln und anderen Pflanzen und ging in den Wäldern auf die Jagd. Sie boten den Dorfbewohnern Fleisch an und erhielten im Gegenzug Reis und andere Lebensmittel.»

Nach einem grossen Erdrutsch vor 20 Jahren, bei dem viele Menschen aus der Chepang-Gemeinschaft ums Leben kamen, zogen 700 Familien in das Gebiet, auf dem heute das Dorf Badhar Jhula steht.

Den Angehörigen der Chepang mangelt es oft an Nahrungsmitteln. Viele versuchen deshalb, in den Städten als Tagelöhner zu arbeiten. Es kommt auch vor, dass Tiger oder Elefanten ins Dorf eindringen und ihre Vorräte zerstören.

Dort, wo sich die Chepang niederlassen, haben sie begonnen, das Land zu kultivieren. Doch die Regierung, die ihnen die Staatsbürgerschaft bis heute verweigert, vertreibt sie oft unter dem Vorwand, sie würden illegal Holz fällen. Einmal hatten sie einen Traktor, um den Boden aufzufüllen. Doch dann kamen Polizisten und entwendeten ihnen den Traktor. Ein anderes Mal brannte die Polizei grundlos die einfachen Behausungen nieder und trieb Elefanten vom Nationalpark in Richtung Badhar Jhula, wo sie die Felder zerstörten.

Wie weit die Schikanierung gehen kann, zeigt ein trauriges Beispiel, das sich im Herbst 2021 zutrug. Damals sammelte ein Chepang-Angehöriger Brennholz. Ein Soldat sah ihn und forderte ihn auf, zur Strafe 500 Liegestütze zu machen. Der Mann starb an Überanstrengung.

Es gibt auch Positives zu berichten: So läuft gegenwärtig ein Anerkennungsverfahren für die Chepang. Es gibt einige Pastoren aus den Städten, die Jugendliche bei sich zu Hause aufnehmen und ihnen eine höhere Ausbildung ermöglichen. Vereinzelte Chepang verfügen heute sogar über einen Universitätsabschluss (etwa 30 von 35’000).

Reto Baliarda

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