Neues Leben nach brutaler Misshandlung

Die Versklavung im Sudan war für Athok Mayuot Adieek das reinste Entsetzen. Weil sie sich gegen körperlichen Missbrauch wehren wollte, verletzte ihr Gebieter sie mit einem Messer. Nach qualvollen 19 Jahren wurde Athok in den Südsudan zurückgebracht.

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Die heute 35-jährige Athok erlebte mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter eine glückliche Zeit im heutigen Nordwesten des Süd­sudans. Sie half ihrer Mutter gerne bei der Hausarbeit.

Es geschah im Jahr 2001, als sie an einem heissen Tag wie so häufig den nahegelegenen Wald betrat, um Holz zum Kochen zu sammeln. Nach einer Zeit gönnte sie sich auf einem Baum eine kurze Pause. «Da sah ich plötzlich, wie fünf arabische Kämpfer den Baum umzingelten. Sie riefen mir etwas zu, das ich nicht verstehen konnte. Deshalb stieg ich hinab», erzählt Athok dem örtlichen CSI-Team.

Kaum war Athok unten, packten sie die Islamisten. Zusammen mit anderen Gefangenen aus ihrem Dorf wurde Athok in den Norden entführt.

Eine Ankunft mit Schrecken

Als Athok schliesslich im nördlichen Sudan ankam, wurde sie an Sadeed Sala versklavt. Kaum waren die beiden in Sadeeds Haus, versuchte dieser, Athok zu missbrau­chen. «Da ich mich zur Wehr setzte, ergriff er ein Messer und verletzte mich an der Hand und an der Nase», erinnert sie sich an den schauderhaften Moment.

Athok war nun eine rechtlose Sklavin, die täglich im Haus ihres Gebieters arbeiten musste. Sie mahlte das Sorghum, kochte die Mahlzeiten und wusch die Wäsche der ganzen Familie. Zudem musste sie das Bad regelmässig reinigen.

Athok fand kaum eine ruhige Minute: «Ständig musste ich mich in Acht nehmen, nichts anzustellen, was meinem Gebieter missfallen könnte. Sonst schlug er mich heftig mit einem Bambusstab.» Athok war der Verzweiflung nahe. Lange Zeit schreckte sie vor einem Fluchtversuch zurück. Denn Sadeed hatte ihr gedroht, er würde sie dann derart brutal verprügeln, dass sie mit Behinderungen nach Hause zurückkehren würde.

Nach 19 qualvollen Jahren erfuhr Athok eines Tages, dass sich ein arabischer Befreier in ihrem Dorf aufhalten würde. In einem Moment der Unachtsamkeit von Sadeed ergriff die junge Frau am 25. September 2020 die Flucht. Nach kurzer Zeit fand sie den Befreier. Dieser führte sie zu einer Gruppe von Frauen und Männern aus dem mittlerweile neu­ge­gründeten Staat Südsudan. Zusammen machten sie sich auf den langen Rückweg in ihre Heimat.

Athok konnte ihr Glück kaum fassen, als sie mit den weiteren, rund 150 befreiten Sklaven vom CSI-Team vor Ort empfangen wurde. Athok erhielt einen Startsack mit Utensilien für die Landwirtschaft. Ebenso überreichte ihr CSI Nahrungsmittel und eine Milchziege. So kann sich die einst misshandelte Sklavin eine neue Existenz aufbauen. 

Reto Baliarda

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