Mit 15 Jahren ein Kind eines Boko Haram-Kämpfers geboren

Nach einem Überfall auf ihr Dorf wurde Susan Yakubu von Boko Haram-Terroristen gefangen genommen. Als zwangskonvertierte Muslima musste sie mit 15 Jahren einen Kämpfer heiraten, von dem sie ein Kind erwartete. Dank einem kühnen Plan gelang Susan die Flucht zur Armee. Doch das misstrauische Militär schikanierte sie lange, bis sie endlich an ihre Mutter übergeben wurde.

Susan war jahrelang eine gefangene «Ehefrau» eines Boko Haram-Kämpfers. csi

(csi/rb) – Die heute 20-jährige Susan verbrachte ihre früheste Kindheit glücklich mit ihren Eltern und den zwei Brüdern im Dorf Chikedi im Bundesstaat Borno. Ihr Leben änderte sich schlagartig, als  Chikedi von der islamistischen Terrormiliz Boko Haram überfallen wurde. Susans Familie floh auf die nahegelegenen Hügel und versteckte sich in einer Höhle.

Fatales Ende der Nahrungsmittelsuche

Die Familie hatte praktisch nichts zu essen dabei. Nach drei Tagen wurde der Hunger unerträglich. So beschloss der Vater, ausserhalb der Höhle nach Essbarem zu suchen. Er traf zwei Männer und fragte sie, ob sich die Lage im Dorf beruhigt hätte. Sie begleiteten ihn ins Dorf, um die Situation angeblich zu überprüfen.

Plötzlich dämmerte es dem Vater, dass er unter Kämpfer von Boko Haram geraten war. Er rannte zurück zur Höhle und wies seine Familie an, sofort zu fliehen. Boko Haram sei auf dem Weg hierher. «Mein Vater rannte weg in Richtung Kamerun, weil meine Mutter ihn darum gebeten hatte. Leider mussten wir später erfahren, dass er während der Flucht von Boko Haram getötet worden war», erzählt Susan traurig.

Doch auch Susan und die übrigen Familienmitglieder entkamen den Islamisten nicht. Noch bevor sie die Höhle verlassen konnten, hatten Boko Haram-Mitglieder den Ausgang versperrt und schleppten sie heraus. «Wir wurden voneinander getrennt. Meiner Mutter gelang nach einigen Tagen die Flucht. Ich selbst wurde in ein Boko-Haram-Lager in das Dorf Goshe entführt», berichtet Susan. Auch ihre beiden Brüder wurden verschleppt.

Von den Terroristen zum Islam gezwungen, wurde Susan wie eine Sklavin gehalten. Als sie mit 15 Jahren ein Mädchen gebar, musste sie den über zehn Jahre älteren Vater und Boko Haram-Kämpfer namens Mustafa heiraten.

Klug und kühn

Die Gefangenschaft setzte Susan immer mehr zu. Insgeheim schmiedete sie einen  Fluchtplan. Und als sie eines Nachts aufwachte, wagte sie den gefährlichen Schritt: «Ich klopfte an die Tür des Zimmers, in dem sich Mustafa aufhielt, und erzählte ihm, dass ein Mann aus der Nachbarschaft mich geschlagen hätte. Während sich mein ‹Ehemann› und andere Kämpfer auf die Suche nach dem vermeintlichen Täter machten, zog ich einen Hidschab an und floh mit meinem Baby aus dem Lager.» Nach zweitägiger Flucht begegnete Susan endlich Angehörigen der nigerianischen Armee.

Angst vor versteckten Bomben

Zu ihrem Entsetzen hatte sich Susan zu früh in Sicherheit gewähnt. Die Soldaten forderten sie auf, ihren islamischen Hidschab vollständig auszuziehen. «Sie hatten Angst, dass unter meinem Hidschab eine Bombe versteckt sein könnte», erklärt sie. Nachdem sie andere Kleider angezogen hatte, verbanden ihr die Soldaten die Augen und brachten sie zu einem Militärstützpunkt im Bundesstaat Gombe. Zehn Tage lang wurde Susan festgehalten, bis ihre Mutter verständigt wurde.

Susan war jahrelang eine gefangene «Ehefrau» eines Boko Haram-Kämpfers. csi
Susan war jahrelang eine gefangene «Ehefrau» eines Boko Haram-Kämpfers. Csi

Befreiende Intervention eines Christen

Doch als die Mutter ihre Tochter beim Militärstützpunkt abholen wollte, weigerten sich die Soldaten plötzlich, ihr Susan zu übergeben. Sie müssten vorerst noch «ihre Untersuchung mit ihr abschliessen». «Ich war voller Angst und begann zu weinen», erzählt Susan. Zum Glück griff ein christlicher Soldat ein, sodass sie schliesslich im Oktober 2021 freigelassen wurde. Zusammen mit ihrer Mutter und dem Baby fand Susan in einem christlichen Flüchtlingscamp in der nordöstlichen Grossstadt Maiduguri Zuflucht. Sie hofft, ihre beiden Brüder wiederzusehen, die vermutlich von Boko Haram zwangsrekrutiert wurden.

Auch diese Christin musste mit ihrem Baby vor dem Boko Haram-Terror fliehen. csi
Auch diese Christin musste mit ihrem Baby vor dem Boko-Haram-Terror fliehen. csi

Susan leidet immer noch unter dem Trauma, das sie in der Gefangenschaft von Boko Haram erlitten hat. Während sie ihre dramatische Geschichte erzählte, lächelte sie kein einziges Mal. Gleichwohl ist sie dankbar für die Nahrungsmittelhilfe von CSI.

Reto Baliarda

Hier können Sie für verfolgte und vertriebene Christen in Nigeria und anderen Ländern spenden, herzlichen Dank.

Maiduguri ist sicherer geworden

Die meisten Übergriffe von Boko Haram ereignen sich im nordöstlichen Bundesstaat Borno. Dessen Hauptstadt Maiduguri wurde in den letzten Jahren vielfach von verheerenden Bombenanschlägen heimgesucht. Gemäss CSI-Partner Pater Timothy hat sich die Sicherheitslage in Maiduguri verbessert. Gegenwärtig gäbe es kaum noch Schiessereien oder Bombenanschläge. Letztes Jahr haben sich 6000 Kämpfer von Boko Haram zusammen mit ihren Familien der Regierung ergeben.

Trotz dieser an sich beruhigenden Entwicklung fürchten sich die Menschen in den nordöstlichen Dörfern immer noch vor Boko Haram. Anlass zur Sorge bereitet auch die Tatsache, dass der Gouverneur von Maiduguri Ende 2021 die von der Regierung kontrollierten Vertriebenenlager schloss und die Insassen, zu 95 Prozent Muslime, in ihre Dörfer zurückkehren mussten. Die von Kirchen geführten Flüchtlingscamps in Maiduguri, in denen sich auch viele Christen befinden, sind nach wie vor offen. Bleibt zu hoffen, dass der Gouverneur von Maiduguri diese Lager nicht schliessen lässt.

In der Vergangenheit hat CSI humanitäre Hilfe für viele Familien in diesen Lagern geleistet und die Eröffnung eines kleinen Geschäfts ermöglicht.

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