14. Dezember 2015

Oft bleibt nur die Flucht

«Am Anfang stand ein Grundstücksstreit», berichtet Pfarrer Sarfraz in Thailand. «Dann behaupteten Muslime, bei einer Hochzeitsfeier in unserem Dorf hätten Kinder das Brautpaar mit Papierbällchen aus zerknüllten Koranseiten beworfen. Anschließend wurde es für uns alle lebensgefährlich.»

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Weihnachten 2009 mussten der Pfarrer und seine Gemeinde in Zelten verbringen. Ein von radikalen Moscheepredigern aufgehetzter Mob hatte im August die beiden von Christen bewohnten Dörfer Gojra und Korian in der Provinz Punjab überfallen, 14 Christen ermordet und 70 Wohnhäuser und zwei Kirchen niedergebrannt. 

«Es war der Beginn einer bis heute andauernden systematischen Orgie der Gewalt gegen die christliche Minderheit in meiner Heimat», sagte der Pfarrer im Gespräch mit CSI-Präsident Herbert Meier und Projektleiter Gunnar Wiebalck am 25. Oktober 2015. Vor dem Gericht in Faisalabad beschuldigten die Attentäter die Opfer, den Ausbruch der Gewalt provoziert zu haben, und verlangten eine Rücknahme der Anzeige.

Während des Verfahrens demonstrierten Christen vor dem Gerichtsgebäude. «Plötzlich fielen Schüsse», erinnert sich der Pfarrer. «Wir rannten um unser Leben, selbst die noch in Notzelten lebenden Familien wurden angegriffen».

Nach der Rettung die Flucht

Nur langsam kehrte der Friede zurück. Der später ermordete Gouverneur von Punjab, Salman Taseer, organisierte staatliche Hilfen zum Wiederaufbau der zerstörten Gebäude. In der Zwischenzeit hatte Pfarrer Sarfraz die Organisation «All Pakistan Christian Unity» gegründet, die sich um Versöhnung zwischen Christen und Muslimen einsetzte.

Weihnachten 2011 wollte er in der wiedereröffneten Kirche feiern. Doch am 21. Dezember ging das Unheil in eine neue Runde. Ein Imam beschuldigte die 25-jährige Tochter eines Mitglieds seiner Organisation, ein blasphemisches SMS verschickt zu haben. Neun Tage lang sass sie in Untersuchungshaft. Ein Polizeibeamter informierte ihre Eltern, dass radikale Muslime ihre Ermordung planten, sobald sie freigelassen würde.

Es gelang Pfarrer Sarfraz, die junge Frau im Ausland in Sicherheit zu bringen. Dann schrieb eine pakistanische Zeitung, sie würde mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Daraufhin erhielt Pfarrer Sarfraz Todesdrohungen und musste im März 2013 aus seiner Heimat flüchten, seine gesamte Familie folgte wenig später nach.

Erbärmliche Bedingungen

Seit über zwei Jahren harren der Pfarrer und seine sechsköpfige Familie unter schwierigsten Bedingungen im thailändischen Bangkok aus. Sie hoffen, von der Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen (UNHCR) anerkannt zu werden. Während der langen Wartezeit drohen Verhaftung, Not und Krankheit. Arbeit ist den Flüchtlingen verboten, ihre Kinder können kaum zur Schule. Pfarrer Sarfraz weiss, dass die Nachfolger Jesu mit ihrer Verfolgung rechnen müssen. «Wir werden seinem herrlichen Namen treu bleiben», sagt er beim Abschied.

Gunnar Wiebalck, Projektleiter Pakistan

Weiterer Bericht über die christlichen Flüchtlinge aus Pakistan  

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