Zukunftschancen für ehemals zwangsverheiratete Mädchen

Christliche Mädchen aus einfachen Verhältnissen sind einer erhöhten Gefahr ausgesetzt, dass sie entführt, zur Heirat gezwungen oder auch zum Islam genötigt werden. Mehwish Patras und Neha Munawar erlitten dieses Schicksal. Im CSI-Schutzhaus können sie eine Ausbildung absolvieren und neues Selbstvertrauen tanken.

01_Sania Rangoo

Die Entführung, Zwangskonversion und erzwungene Heirat von nicht-muslimischen Mädchen haben in Pakistan in den letzten Jahren bedrohliche Ausmasse angenommen. Gegenwärtig sind jährlich mehr als 1000 christliche Mädchen davon betroffen.

Das Leid, das dabei ausgelöst wird, ist unvorstellbar gross. Die zwangsverheirateten und zum Islam genötigten Mädchen erleben Wochen, Monate oder Jahre der Unterdrückung, des Missbrauchs, dazu der Selbstverachtung und Verleugnung ihres Glaubens. 

Die betroffenen Eltern tragen die schwere Last des des Verlustes. In ihrem verzweifelten Kampf um die Befreiung ihrer Tochter legen sie oft kilometerlange Wege zurück, um die Polizei zu kontaktieren oder bei Gerichtsverhandlungen zu erscheinen.

Vielfach können sie jedoch seitens der Justiz wenig Unterstützung erwarten. Die Polizei drückt bei Meldungen über Entführung, Zwangskonversion oder -verheiratung oft ein Auge zu und verschafft den Tätern Straffreiheit, indem sie die Informationen fälscht oder sich weigert, eine Anzeige zu erstatten.

Dies hat zur Folge, dass die entführten Mädchen während des gerichtlichen Verfahrens in der Hand ihres Entführers bleiben. Sie werden vergewaltigt und oft unter Morddrohungen gezwungen, vor Gericht zu behaupten, sie hätten der Konversion zum Islam oder Heirat zugestimmt. 

Selbst die Politik bestärkt die Täter. 2021 lehnte der ständige Parlamentsausschuss einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Zwangskonversionen ab. Begründung: Das «Umfeld» sei «ungünstig» für ein solches Gesetz.

Eltern von zwangsverheirateten Mädchen warten oft jahrelang auf die Rückkehr ihrer Töchter.

Mehwish Patras mit ihren Eltern  kurz nach der Befreiung. csi
Mehwish Patras mit ihren Eltern kurz nach der Befreiung. csi

Über zehn christliche Mädchen befreit

Seit 2020 engagiert sich CSI für den Schutz christlicher Mädchen. Zusammen mit Anwälten konnten seit Start des Projektes elf Mädchen aus den Fängen ihrer Entführer befreit werden. Bei weiteren vier Mädchen laufen zurzeit die Gerichtsverhandlungen.

Als die ersten von CSI unterstützten Mädchen freikamen, stellten wir fest, dass viele von der Zwangsheirat schwer traumatisiert waren. Kommt dazu, dass die Familien der Befreiten oder deren christliche Gemeinschaft nicht immer bereit waren, die stigmatisierten Töchter sofort willkommen zu heissen. Zudem lauerte die Gefahr, dass die Täter die Mädchen in ihrem Zuhause finden würden.

CSI-Schutzhaus

Um dieser reellen Gefahr entgegenzuwirken, führt CSI seit Anfang 2022 in Pakistan ein Schutzhaus. Hier bleiben die Mädchen zwischen 6 und 12 Monate. In einem sicheren Umfeld erhalten sie in Begleitung einer Psychologin Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. Je nach Interesse und Talent absolvieren die Mädchen einen sechsmonatigen Kurs als Coiffeuse oder Schneiderin. Wer sehr jung entführt wurde, holt die Schule nach.

Von Bedeutung sind auch die spirituelle Rehabilitation, das Gebet und Bibellesen. Denn während ihrer Gefangenschaft wird den Mädchen oft eingetrichtert, wie schlecht der christliche Glaube sei.

Mehwishs neues Leben

Die heute 22-jährige Mehwish Patras verbrachte mehrere Monate im Schutzhaus. Im Februar 2021 zerrte sie ein Muslim unter Waffenandrohung in ein Auto, als sie sich mit muslimischen Studienkolleginnen auf dem Weg zum College befand.

Der Entführer zwingt Mehwish zum Islam und zur Heirat. «Er behandelte mich wie eine Sklavin», erinnert sie sich. Vor Gericht behauptet Mehwish, dass sie den Muslimen freiwillig geheiratet habe. Man hat sie dazu gezwungen: «Die Entführer drohten mir, andernfalls meine Eltern zu töten.»

Unter Zwang arbeitet Mehwish in einem Kosmetikgeschäft. Eine ihr wohlgesinnte muslimische Mitarbeiterin alarmiert mit ihrem Handy die Eltern. Zusammen mit CSI-Partner Anjum Paul können sie ihre Tochter Ende 2021 befreien. Aus Sicherheitsgründen wird Mehwish schwer traumatisiert ins CSI-Schutzhaus gebracht, wo sie einen Kurs als Coiffeuse/Visagistin besucht. Im Oktober 2022 schliesst sie ihre Ausbildung erfolgreich ab.

Mit neuem Selbstbewusstsein ist sie nach Hause zurückgekehrt und braucht nun keine Angst vor einer weiteren Entführung zu haben. Dank der juristischen Hilfe von CSI hat das zuständige Gericht die Heirat mit ihrem Entführer als nichtig erklärt.

Zukunftschance für Neha

Vor kurzem wurde auch die 17-jährige Neha Munawar im CSI-Schutzhaus aufgenommen. Wegen der Armut in der Familie wird sie im Alter von zehn Jahren mit ihrer Schwester zu einem muslimischen Arzt gebracht, um als Haushaltshilfe zu arbeiten. Sie werden zum Islam gezwungen.

Nach vier Jahren können die beiden durch die finanzielle Hilfe von CSI befreit werden. Neha ist zwar dankbar, wieder zuhause zu sein. Doch hat sie kaum Entwicklungschancen. Sie muss in einer Baumwollfabrik arbeiten und erleidet dabei eine Allergie. Neha ist deshalb dankbar, dass das CSI-Schutzhaus ihr eine Ausbildung ermöglicht.

Es ist eindrücklich, wie resilient und überlebenswillig die Mädchen sind. Sie wissen, dass sie trotz ihrer fürchterlichen Erlebnisse eine Zukunft haben. Gott ist mit ihnen und die Türen des Schutzhauses stehen ihnen immer offen.

Reto Baliarda

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