22. November 2012

Seit zehn Jahren harte religiöse Verfolgung

2007 entführte das Regime das mittlerweile 85-jährige eritreisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt, Patriarch Abune Antonios, an einen bis heute unbekannten Ort. Der Patriarch hatte gegen die Festnahme von drei Priestern protestiert. Ihre Situation steht stellvertretend für Tausende weitere Schicksale.

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In Eritrea inhaftierte Gewissensgefangene fristen ein klägliches Dasein: Hunderte schmachten in Schiffscontainern,  die sich tagsüber von der Sonne stark erhitzen. In der Nacht wird es dagegen manchmal eiskalt. Zudem ist es immer dunkel, zur Notdurft dient ein einziger Kübel, Insekten sind eine lästige Plage. An gesundheitliche Versorgung ist nicht zu denken, stattdessen sind  Schläge und Demütigungen an der Tagesordnung. Einige sterben unter den Haftbedingungen, andere kommen nach langer Haft frei – traumatisiert für den Rest ihres Lebens.

Schon jahrelang im Gefängnis

Drei Priester sind seit November 2004 allein deshalb eingesperrt, weil sie zu einer Erneuerungsbewegung innerhalb der eritreisch-orthodoxen Kirche gehören:

  • Dr.  Fitsum Ghebrenigus, (bei seiner Verhaftung) der einzige Psychiater in ganz Eritrea
  • Dr.    Tekleab Mengisteab, ein renommierter Arzt
  • Gebre-Medhin Gebre-Giorgis, landesweit bekannter Bibelforscher und führend bei der AIDS-Aufklärung.

Kirchenoberhaupt wegen Protests abgesetzt

Als Patriarch Abune Antonios von der Festnahme der drei eritreisch-orthodoxen Priester vernimmt, protestiert er.  Immer wieder kritisiert er die staatliche Einmischung in innerkirchliche Belange. Im Januar 2006 setzt das Regime ihn ab und stellt einen staatshörigen Verwalter an seinen Platz. Im Mai 2007 ernennt es den im Land kaum bekannten Bischof Abune Dioskoros zum neuen Patriarchen. Etwa zur gleichen Zeit verschwindet der bereits unter Hausarrest stehende rechtmäßige Patriarch Abune Antonios. Er und die drei Priester Ghebrenigus, Mengisteab und Gebre-Giorgis stehen stellvertretend für wahrscheinlich etwa 3000 inhaftierte Christen in Eritrea.

Religiöse sind Staatsfeinde

Nach jahrzehntelangen Kämpfen gegen Äthiopien setzten eritreische Rebellen anfangs der 90er Jahre die Unabhängigkeit Eritreas durch. Schon damals begannen die Probleme der religiösen Gemeinschaften mit dem Staat. Aber erst im Mai 2002 setzte eine umfassende staatliche  Verfolgung von Religionsgemeinschaften ein, die bis heute anhält. Auf Befehl des Regimes mussten sich sämtliche Glaubensgemeinschaften bei den Behörden melden, um sich registrieren zu lassen. Die Registrierung wurde aber nur den vier religiösen Institutionen gewährt, die seit langem in Eritrea ansäßig sind: der orthodoxen, der evangelisch-lutherischen und der katholischen Kirche sowie dem sunnitischen Islam. Allen andern Glaubensrichtungen unterstellt das Regime von vornherein eine staatskritische Gesinnung und treibt sie durch die Nichtregistrierung in die Illegalität. Da diese neueren Gruppierungen schwieriger zu kontrollieren sind, befürchtet das Regime eine Gefährdung seines Machtmonopols. Angehörige von illegalen Glaubensgruppen werden als Staatsfeinde streng verfolgt. Das betrifft Erneuerungsbewegungen innerhalb der erlaubten Glaubensrichtungen ebenso wie Angehörige von Freikirchen, Adventisten, Zeugen Jehovas (Militärdienstverweigerung), Bahai oder nichtsunnitische islamische Gruppierungen.

Autor: Max-Peter Stüssi

Quellen: Radio Assenna, Open Letter von Prof. Habtu Ghebre-Ab an die USCIRF, U.S. Commission on International Religious Freedom

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