22. Dezember 2013

Sowjetische Methoden gegen missliebigen Pastor

Bachytschan Kaschkumbajew, Pastor der Grace Church in Astana, muss sich gleich zwei Verfahren stellen, die ihn für Jahre hinter Gitter bringen könnten.

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Seit etwa zehn Jahren werden christliche Gemeinden in Kasachstan von den Behörden überwacht, schikaniert und unter Druck gesetzt. Besonders scharf gehen die Behörden gegen die presbyterianische Grace Church vor, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion stark wuchs und einen gewissen Einfluss innerhalb der Eliten in Städten wie Astana und Karaganda gewann. Begleitet werden die Schikanen von einer Medienkampagne: Im Fernsehen und im Internet stößt man immer wieder auf den Vorwurf, die Grace Church betreibe Spionage oder Geldwäsche, verbreite extremistische Literatur und verwende mit Halluzinogenen versetzten Abendmahlswein.

Vorwurf: Pastor treibe Zuhörerin in Schizophrenie

Seit dem 17.  Mai 2013 befindet sich nun der 67-jährige Pastor Bachytschan Kaschkumbajew, Leiter der Grace Church in Astana, im Gefängnis. Die Anklage lautet auf schwere Schädigung der Gesundheit. Er habe die Gemeindebesucherin Lyazzat Almenowa mit seinen Predigten derart unter Druck gesetzt, dass sie psychisch krank wurde. Weiter wird ihm vorgeworfen, er habe den Abendmahlswein der Gemeinde mit Halluzinogenen vermengt. Als Abendmahlsgetränk wird in der Grace Church jedoch harmloser Tee verwendet.

Begonnen hat die Geschichte mit Lyazzat Almenowa schon 2011. Die 34-Jährige hatte mehrfach die Gottesdienste der Grace Church in Astana besucht, was ihrer Familie missfiel. Almenowas Mutter beschwerte sich bei den Behörden, ihre Tochter habe aufgrund der Predigten Kaschkumbajews eine paranoide Schizophrenie entwickelt, und lieferte sie in eine psychiatrische Klinik ein. Almenowa musste gegen ihren Willen mehrere Monate in der Anstalt verbringen und bekam keine Einsicht in ihre medizinischen Akten.

Im Oktober 2012 wurde ein Verfahren gegen den Pastor eingeleitet. Auch das Gebäude der Grace Church wurde durchsucht und dabei Literatur beschlagnahmt. Almenowa betonte mehrfach, dass sie gesund sei und Pastor Kaschkumbajew ihre Gesundheit nicht im Geringsten beeinträchtigt habe. Auch weitere Gemeindemitglieder bestätigten, dass Kaschkumbajew keinerlei psychologischen Druck ausübe.

Dennoch kam es im Mai 2013 zur Verhaftung von Kaschkumbajew. Monatelang befand er sich in Untersuchungshaft. Zwei Monate hielt man ihn gegen seinen Willen in einer psychiatrischen Anstalt fest, um ein Gutachten zu erstellen.

Derartige Methoden lassen Erinnerungen an die Sowjetzeit wach werden, in der es gang und gäbe war, Dissidenten für psychisch krank zu erklären und in geschlossenen Anstalten verschwinden zu lassen. Mittlerweile hatte jedoch der Fall Kaschkumbajew bei verschiedenen internationalen Menschenrechtsorganisationen Aufmerksamkeit erregt. Schließlich beschied das Gericht am 7.  Oktober 2013, dass

Kaschkumbajew zwar nach Hause zurückkehren könne, aber unter Hausarrest sei und weder schreiben noch predigen oder Interviews geben dürfe.

Neues Verfahren: Extremismus

Als Kaschkumbajew das Gefängnis jedoch verlassen wollte, nahmen ihn drei Beamte des kasachischen Geheimdienstes in Zivil fest. Sie führten ihn in Begleitung seines Anwalts zu einer erneuten Vernehmung vor den Polizeioffizier Wjatscheslaw Glaskow, der schon zuvor den Pastor, seine Familie und die Gemeinde unter Druck gesetzt hatte. Glaskow eröffnete Kaschkumbajew und seinem Anwalt, Nurlan Beisekejew, dass ein neues Verfahren gegen den Pastor eröffnet worden sei. Die neue Anklage beruht auf Artikel 233 Absatz 1 des kasachischen Strafgesetzbuches, der terroristische und extremistische Propaganda, öffentliche Aufrufe zu terroristischen oder extremistischen Akten und die Verbreitung von verbotener Literatur unter Strafe stellt. Bis zu sieben zusätzliche Jahre Haft drohen ihm bei einer Verurteilung.

Pastor Kaschkumbajew wurde gleich wieder festgenommen und wird seither im Untersuchungsgefängnis in Astana festgehalten.

Quellen: Forum 18 | Assist News Service | CNL News | World Watch Monitor

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