20. März 2023

«Sklaverei ist das schlimmste Mittel, um Menschenleben zu zerstören»

Ahmed ist ein Sklavenbefreier der ersten Stunde. Seit 1997 führt er mit unglaublichem Engagement die nicht ungefährliche Arbeit aus und koordiniert auch Befreiungen. Bei gescheiterten Verhandlungen mit Sklavenhaltern gibt er nicht so schnell auf. Selbst eine geplante Verhaftung, der er nur knapp entkam, kann ihn von seiner Berufung nicht abhalten.

Bis heute hat Ahmed mit seinen Befreiungsteams mehrere zehntausend Menschen aus der Sklaverei gerettet. Seine Arbeit ist äusserst gefährlich, weshalb er sich nur verhüllt fotografieren lässt. csi

CSI: Wie viele Sklavenbefreier sind für CSI tätig?
Ahmed (Name geändert): Früher hatte ich vier Befreiungsteams mit insgesamt 20 Leuten. Das war vor dem Jahr 2000. Danach habe ich meine Teams auf zwei reduziert, so dass jetzt noch 10 Männer für mich arbeiten.

Wie lange befreien Sie schon Sklaven aus dem Südsudan?
Ich habe 1997 mit der Befreiung von Sklaven begonnen, also seit 26 Jahren.

Wie viele Personen haben Sie ungefähr befreit?
Als ich anfing, Menschen im Sudan zu befreien, haben wir in jeder Aktion 1200 Sklaven gerettet, von 1997 bis 2005 waren es 54‘000. Von 2005 bis 2017 wurde die Zahl der Befreiten auf jeweils 400 pro Aktion reduziert. Und seit 2017 sind es jeweils 300. Insgesamt sind dies 85‘800 Sklaven aus dem Südsudan, die wir bis heute befreit haben.

Wie gehen Sie grundsätzlich bei der Befreiung vor?
Ich habe ein Team vor Ort. Sie gehen in die Viehlager und Farmen, in denen die Sklaven gehalten werden. Sie verhandeln mit den arabischen Besitzern. Wenn man sich geeinigt hat, kommt mein Komitee zu mir und berichtet mir, was sie brauchen, um die sudanesischen Sklavenhalter zu bezahlen. In den meisten Fällen wollen die Sklavenhalter Impfstoffe für ihr Rindvieh. Ich händige diese Medikamente aus, sodass die Sklaven schlussendlich befreit werden können.

Kommt es vor, dass Ihre Verhandlung um die Befreiung erfolglos blieb, weil der Sklavenhalter ihn oder sie unter keinen Umständen ziehen lassen wollte?
Ja, das kommt leider vor, aber wir geben nie auf. Bei Misserfolg bilden wir ein weiteres starkes Komitee, welches dann zu den arabischen Herren zurückkehrt. Manchmal beziehen wir auch Dorfälteste ein, die uns helfen.

Wurden Sie beim Versuch, einen Sklaven zu befreien, auch schon bedroht?
Ja, 1999 wurde ich von der islamischen Regierung in Sudans Hauptstadt Khartum massiv bedroht. Mein Leben hing an einem seidenen Faden. Sicherheitsbeamte wurden beauftragt, mich und mein vierköpfiges Team zu verhaften. Doch mir vertraute Personen liessen die Nachricht durchsickern, und wir konnten entkommen.

Als die Beamten am Ort ankamen, wo sie mich vermuteten, verhafteten sie meinen Vater und steckten ihn für mehr als drei Jahre ins Gefängnis. Er wurde im Gefängnis krank, und als er entlassen wurde, starb er. Was wäre wohl geschehen, wenn der sudanesische Geheimdienst mich verhaftet hätte? Man hätte mich bestimmt hingerichtet.

Was ist der gefährlichste Teil Ihrer Arbeit?
Meine Arbeit ist besonders gefährlich, wenn ich an der Grenze zwischen Südsudan und Sudan ankomme. Dort treffe ich auf verschiedene Gruppen: Banden, Entführer, die Geld wollen, oder auch Araber, welche die befreiten Sklaven wieder entführen wollen.

Da fragt man sich, was Sie motiviert, bei all diesen Gefahren versklavte Menschen aus dem Südsudan zu befreien.
Sklaverei ist die schlimmste und auch sicherste Methode, wenn es darum geht, menschliches Leben zu zerstören. Umso grösser ist meine Motivation, Menschen aus diesem Elend zu befreien. Es macht mich glücklich, wenn ich einen ehemaligen Sklaven wieder lächeln sehe und er sich frei und respektiert fühlt.

Ausserdem ist dies mein Beruf, mit dem ich mein Leben finanziere. Ich werde weiterhin hart arbeiten, um noch mehr Sklaven im Sudan zu retten.

Was glauben Sie, wie viele Menschen aus dem Südsudan noch als Sklaven im Sudan leben?
Entführte Menschen aus dem Südsudan leben im Sudan in verschiedenen Dörfern, Viehlagern und Farmen. Ausserdem werden immer mehr Menschen in die Sklaverei hineingeboren, die eigentlich in der Heimat ihrer Vorfahren, im Südsudan, leben wollen. Unter diesen Umständen ist es schwer zu sagen, wie viele Sklaven es gegenwärtig im Sudan noch gibt.

Ich hoffe und setze alles daran, dass die Sklaverei im Sudan eines Tages ein Ende haben wird.
Interview: Reto Baliarda

Vielen Dank, dass Sie uns helfen, weitere SklavInnen im Sudan zu befreien. 

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Lydie Ruch
17. April 2023
Sehr Freudige Nachricht, vielen Dank an diesen Mann der diese gefährlich Situationen auf sich nimmt um Menschen zu befreien. Gott beschütze ihn und er ist gesegnet.