Achok musste bei den Tieren schlafen

Achok Dut Ngor ist noch ein Kind, als Menschenjäger sie ihrer Familie entreissen und versklaven. Sie erlebt Jahre der Erniedrigung und wird behandelt wie ein Tier. Nach einer CSI-Befreiungsaktion im Sommer 2022 lebt die inzwischen 29-Jährige wieder im Südsudan.

Aus der Sklaverei befreit und in ein neues Leben begleitet. csi

Achok Dut Ngor (29) erinnert sich: «Unsere Familie lebte von der Landwirtschaft. Wir hatten ein ordentliches Leben.» Bis zu jenem Tag, als bewaffnete arabische Reiter ihr Dorf überfallen. Achok, damals noch ein kleines Mädchen, brennen sich schreckliche Bilder ein: Menschen, die fliehen, werden gefangen. Wer sich wehrt, wird erschossen, darunter sind drei von Achoks Brüdern. Zusammen mit ihren Eltern und weiteren Dorfbewohnern wird die kleine Achok in den damalige Nordsudan gebracht und einem arabischen Mann übergeben.

Gestohlene Kindheit

Für Achok ist die Kindheit ­vorbei. Sie ist vom Spielen mit Gleichaltrigen ausgeschlossen. In der Familie von Ibrahim Musa ist sie Babysitterin und Haushaltshilfe. ­Eine Arbeitskraft ohne Rechte. Jeden Tag wäscht, putzt, spült sie und kauft ein. Sie bekommt nur zu essen, was übrigbleibt und erntet Schimpf und Schande, wenn der Meister mit ihrer Arbeit nicht zufrieden ist. «Dreckiger Affe, du bist nicht mehr wert als ein Hund!», schreit er das Dinka-Mädchen an.

Erniedrigung ohne Ende

Achok muss bei den Ziegen und Hühnern schlafen. Nachts weint sie oft. «Ich dachte, ich würde mein Leben lang eine Sklavin sein und wie ein Tier behandelt werden.» Ihre Klagegebete ersticken in ihren Tränen. Gegen ihren Willen wird Achok beschnitten. Gegen ihren Willen wird sie zur Annahme des Islam gezwungen. Und dann wird sie von ihrem Peiniger vergewaltigt, immer wieder holt er sie zu sich. Schliesslich gibt er sie einem Dinka-Sklaven zur Frau. Mit ihm hat sie drei Kinder. Das Jüngste ist noch ein Baby.

Der Weg in die Freiheit

Eines Tages geht Achok mit dem Baby im Tragetuch zum Einkaufen auf den Markt. Dort wird sie von einem Sklavenbefreier angesprochen. «Gott hat meine Klagen gehört», schiesst es ihr durch den Kopf und sie folgt ihm in sein Lager, wo viele weitere Sklaven warten. Gemeinsam brechen sie auf in Richtung Süden. Zu Fuss und in der Nacht, um nicht gesehen zu werden. Tagsüber versteckt sich die Gruppe im Gebüsch. Dann sind sie in Sicherheit.

Getrübtes Glück

Das Team der Befreier verteilt Lebensmittel und Kleidung. Auch Achok bekommt einen Sack mit wichtigen Utensilien und dazu eine Ziege. «Ich bin so glücklich, wieder bei meinem Volk zu sein», strahlt sie. Sie dankt allen Menschen, welche die Sklavenbefreiungsaktionen von CSI mit Spenden ermöglichen. Es gibt im Sudan noch viele Sklaven, weiss sie und wird nachdenklich: «Beim Gedanken an meine zwei zurückgelassenen Kinder fühle ich mich schlecht. Ich hoffe und bete, dass mir eines Tages jemand helfen wird, sie in den Südsudan zu holen.»

Rolf Höneisen

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