Tödliche Übergriffe durch sudanesische Araber – CSI hilft Überlebenden

In umkämpften Gebieten zwischen dem Sudan und dem Südsudan haben arabische Milizen mehrere Angriffe auf südsudanesische Dörfer verübt. Mindestens zwei Teenagermädchen wurden dabei getötet, vier weitere Mädchen und Frauen mutmasslich verschleppt. Ein kleiner Junge starb bei einem späteren Überfall. CSI leistet Nothilfe für Überlebende.

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Viele ehemalige Sklaven vom Stamm der Dinka, die CSI im Sudan befreit und in ihre Heimat zurückgeführt hat, leben im Nördlichen Bahr-el-Ghazal. Dieser nordwestliche Bundesstaat blieb bislang vom südsudanesischen Bürgerkrieg verschont. Doch vor allem bei den nördlichsten Dinka-Dörfern an der Grenze zum Sudan kommt die Gefahr von einer anderen Seite: von arabischen Kämpfern der Misseriya-Ethnie aus dem Sudan.

Die ethnisch-religiösen Spannungen zwischen den beiden Stämmen bestehen seit geraumer Zeit. Doch vor kurzem eskalierte die Gewalt: Islamistische Misseriya-Milizen verübten zwei folgenschwere Überfälle auf Dinka-Dörfer.

Dorfbewohner ohne Obdach

Der erste Überfall ereignete sich am 14. April 2020 auf das südsudanesische Dinka-Dorf Mayom Jurwiir. «Die Bewohner mussten ihre Behausungen fluchtartig verlassen. Sie sind in einem Nachbardorf gestrandet und wissen nicht, wovon sie sich ernähren sollen», erklärt Südsudan-Projektmanager Franco Majok.

Zwei Mädchen erschossen – Vier Frauen entführt

Am selben Tag begaben sich sechs Mädchen und Frauen aus Mayom Jurwiir in den nahegelegenen Wald. «Sie wollten dort Kautschuk sammeln, um diesen später auf dem Markt zu verkaufen. Doch sie kehrten nicht mehr zurück», so Majok.

Ein Suchtrupp entdeckte einige Stunden nach ihrem Verschwinden die Leichen der zwölfjährigen Anak Deng Agouth und der 17 Jahre jungen Ador Mawien Jongkor. Die beiden Mädchen wurden erschossen. «Einschusslöcher in Bäumen deuten darauf hin, dass sich die beiden Mädchen gegen Vergewaltigungen wehren wollten und dabei durch die arabischen Angreifer getötet wurden», vermutet Majok.

Von den anderen vier Mädchen und Frauen zwischen 13 und 35 Jahren fehlt bis heute jede Spur. Es muss befürchtet werden, dass sie entführt und versklavt worden sind. Unter den Vermissten sind auch die 35-jährigen Zwillinge Atong Arop Bak und Achan Arop Bak. Zusammen hinterlassen sie neun Kinder.

Angegriffene Mutter verliert ihren Sohn

An 8. Mai schlugen die sudanesischen Misseriya-Milizen erneut zu. Diesmal überfielen sie das Bauerndorf Mathiang Bul mit 47 Haushaltungen, das sich ebenfalls im Südsudan befindet. Obschon die Bewohner versuchten, mit den Misseriya-Arabern in Frieden zu leben, griffen diese ihr Dorf seit November 2019 immer wieder mit zunehmender Brutalität an.

So töteten die Araber bei diesem erneuten, nächtlichen Übergriff einen dreijährigen Buben. Die Angreifer wollten auch seine Mutter Abeth Majok Agou umbringen. Die junge Mutter, die mit ihrem dritten Kind schwanger ist, überlebte die Attacke mit schweren Schussverletzungen am linken Oberschenkel und am linken Unterarm. Freunde brachten die ohnmächtige Abeth ins Spital, wo sie auch Besuch von CSI-Mitarbeitenden erhielt.

Dank Irrtum der Angreifer überlebt

Auch der junge Südsudanese Mou Koor Mou Aguer überlebte den Angriff der Araber nur mit viel Glück. Zusammen mit seinem Kameraden Mou Abiem Aguer hatte er am 8. Mai den lokalen Markt besucht. Als sie sich gegen 19 Uhr abends auf dem Heimweg befanden, wurden sie von arabischen Misseriya-Milizen überrascht. Diese schossen aus ihrem Versteck in Gebüschen auf die beiden wehrlosen Männer.

«Eine Kugel traf mich am linken Arm. Ich stürzte zu Boden und konnte nicht mehr aufstehen», beschreibt Mou Koor Mou Aguer den wohl schrecklichsten Moment seines Lebens. «Sogleich wurde ich von den Angreifern umzingelt. Einer von ihnen wollte mich erschiessen. Doch ein anderer hielt mich bereits für tot. Sie liessen mich deshalb am Boden liegen und rannten weg.» Aus der Ferne sah Mou noch, wie die Araber acht Kühe entwendeten, bevor sie im Gebüsch verschwanden.

Mou Koor Mou Aguer überlebte den Überfall aus dem Hinterhalt genauso wie sein Freund Mou Abiem Aguer. Dieser erlitt ebenfalls Schusswunden, konnte jedoch fliehen. «Wir haben überlebt. Doch wie alle anderen Bewohner aus Mathiang Bul haben wir alles verloren. Wir haben keine Heimat mehr.»

Nothilfe für die Vertriebenen

CSI leistet Nothilfe für die Menschen aus den beiden Dörfern Mayom Jurwiir und Mathiang Bul. Unsere Partner vor Ort verteilten zehn Säcke mit Korn an die vertriebenen Bewohner von Mayom Jurwiir. Zudem erhielten sie einen Geldbetrag, um einen Brunnen zu reparieren, der sich in ihrem Zufluchtsort Mangok Lou befindet. So wird die Trinkwasserversorgung gewährleistet sein.

Die vertriebenen Bewohner aus Mathiang Bul erhielten von CSI ebenfalls Kornsäcke sowie Werkzeuge, die sie zum Überleben dringend benötigen.

Reto Baliarda, Morven McLean

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