Unfreiwilliger Zeuge schrecklicher Hinrichtungen

Beim Angriff auf sein Dorf hatte Garang Diing Ngong keine Chance, den sudanesischen Islamisten zu entkommen. Er wurde entführt und als Sklave zum Viehhüten gezwungen. Garang musste mitansehen, wie einige seiner Stammesleute brutal ermordet wurden. Eine unerwartete Begegnung im Wald schenkte ihm die Freiheit.

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Garang ist überglücklich, nach jahrzehntelanger Sklaverei als freier Mann in seinem Herkunftsland zu leben. csi

Garang denkt zurück an den Tag, an dem er als kleiner Bub die Ziegen seiner Familie im nahegelegenen Wald seines Dorfs Mariabai im damaligen Süden des Sudans hütete. Plötzlich sah er mit Schrecken, wie arabische Muslime aus dem Norden Mariabai angriffen und auf ihn losstürmten. «Ich versuchte, wegzulaufen. Doch die Araber waren auf den Pferden viel schneller», berichtet er. Die islamistischen Kämpfer nahmen Garang gefangen. Der Junge weinte. Deshalb schlugen sie erbarmungslos auf ihn ein.

Zusammen mit anderen Gefangenen aus Mariabai wurde Garang in den muslimischen Norden des Landes gebracht. Während des mehrtägigen kräfteraubenden Marsches wurde er unfreiwillig Zeuge von fürchterlichen Hinrichtungen. «Nachts wurden drei Männer aus meinem Dorf erstochen. Die Entführer hatten geglaubt, dass sie fliehen wollten.»

Von Alis Sohn überwacht

Im Sudan wurde der Junge dem muslimischen Bauern Ali Khalifa übergeben. Dieser brachte ihn in sein Viehlager ausserhalb seines Dorfes Jelaba. Einer von Alis Söhnen kam mit und musste fortan Garang überwachen. «Alis Sohn war sehr streng zu mir. Er zwang mich, ohne Schuhe den ganzen Tag das Vieh seiner Eltern zu hüten. Selbst bei Regenwetter musste ich draussen bei den Kühen schlafen, während er im Zelt schlief», blickt Garang zurück. Kommt dazu, dass ihn das Hungergefühl häufig plagte. «Ich erhielt nur die Resten, die Alis Sohn nicht gegessen hatte.»

Unfreiwilliger Zeuge einer brutalen Tat

Garang hatte schon einige Jahre im Viehlager verbracht, als sein Gebieter Ali wieder einmal vorbeikam und einen anderen gefangenen Knaben seines Dinka-Stammes mitbrachte. «Ich sah, wie sich der Junge dagegen wehren wollte, hart zu arbeiten. Vor meinen Augen wurde er mit einem Holzknüppel derart verprügelt, dass er seinen Verletzungen erlag.» Ein weiterer versklavter Dinka-Junge sollte daraufhin die Arbeit des Getöteten übernehmen. Doch da auch er sich nicht alles bieten lassen wollte, erschoss ihn Alis Sohn.

Dass sein trauriges Leben noch eine Wende erfahren würde, hätte Garang nicht für möglich gehalten. Entsprechend überrascht war er, als ihm ein von CSI beauftragter Sklavenbefreier bei seiner Arbeit im Wald begegnete. Dieser brachte den mittlerweile 27-jährigen Garang in sein Lager, wo andere befreite Sklaven auf die Rückführung in den Süden warteten. «Am nächsten Tag brachen wir auf.

Nach einigen Tagen zu Fuss erreichten wir meine Heimat.» Im Südsudan erhielt Garang vom einheimischen CSI-Team u.a. einen Startsack mit nützlichen Utensilien sowie eine Milchziege. Damit will Garang sich selbst versorgen. «Ich danke CSI, dass ich aus der Sklaverei befreit wurde.»

Reto Baliarda

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