10. Oktober 2012

Wintert der Frühling?

Anfangs November 2012 eröffnet die Schweiz eine Botschaft in Burma. Damit verbunden sind Hoffnungen, dass sich Burma zum demokratischen Rechtsstaat entwickelt. Das Militärregime trat Ende März 2011 zugunsten einer gewählten Zivilregierung zurück.

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Der Bundesrat teilte im Juni 2012 mit, dass im burmesischen Yangon eine Botschaft eröffnet werde. Der Entscheid trage «der demokratischen Öffnung und dem politischen Wandel» Rechnung. Diesen Wandel will die Schweiz auch mit einem Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit unterstützen. Die Schweiz sehe in Burma zudem vielversprechende wirtschaftliche und touristische Möglichkeiten.

Demokratisierung

Mit der Freilassung der bekanntesten burmesischen Menschenrechtlerin Aung San Suu Kyi im November 2010 begann in Burma ein Demokratisierungsprozess. Gewerkschaften wurden zugelassen, die Pressezensur wurde gelockert und es fanden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Im Verlauf der vergangenen zwei Jahre wurden über 600 politische Gefangene freigelassen, unter ihnen Mönche, die seit Mitte 2007 wegen ihrer Teilnahme an einer Protestkundgebung inhaftiert waren.

Die Öffnung des Landes bewog verschiedene Staaten – darunter die Schweiz – dazu, die gegen Burma verhängten Sanktionen zumindest teilweise wieder aufzuheben.

Kaum Fortschritte in der Religionsfreiheit

Was die Religionsfreiheit betrifft, muten Fortschritte bisher leider bescheiden an. Zwar werden der Bau und die Renovation von Kirchen und Moscheen im mehrheitlich buddhistischen Land nicht mehr grundsätzlich verhindert. Dennoch bleiben die ethnischen Minderheiten, etwa die Chin, Kachin, Karen oder Karenni, erheblich benachteiligt.

Burmesisch ist bis heute die einzige offiziell anerkannte Landessprache. Staatliche Kaderstellen (Beamten, Bildung, Armee) sind praktisch ausschließlich von Burmesen besetzt. Seit Jahrzehnten bekämpfen sich Armee und Widerstandsgruppen der ethnischen Minderheiten. Wie wir in einem früheren Artikel befürchtet hatten (Mai-Magazin 2012) befürchtet hatten, wurden die Kämpfe seit der Öffnung des Landes sogar noch intensiviert.

Die ethnischen Minderheiten sind oft gleichzeitig religiöse Minderheiten: Muslime, Christen, Hindus. Seit 1961 ist der Buddhismus Staatsreligion. Der Staat fördert den Bau buddhistischer Tempel (Pagoden) und Lehranstalten, während Gebäude anderer Religionsgemeinschaften – vor allem in den Gebieten, die von nichtburmesischen Minderheiten bewohnt werden – einfach niedergerissen werden. Die Einwohner werden vertrieben oder sogar umgebracht, Frauen werden vergewaltigt, die Kinder werden Opfer des Menschenhandels.

Friedensaussichten ungewiss

Unter diesen Umständen erstaunt es nicht, dass der Bürgerkrieg zwischen der burmesischen Armee und den Widerstandsbewegungen  nichtburmesischer  Minderheiten bisher nicht beendet wurde. Zwar schloss die Regierung im Januar 2012 nach über 60 Jahren Bürgerkrieg – dem weltweit längsten derartigen Konflikt – einen Waffenstillstand mit den Einheiten der Karen. Dieser ist jedoch labil; zudem wurden die anderen Minderheiten nicht miteingeschlossen.

Autor: Max-Peter Stüssi

Über die Verfolgung christlicher Chin in Burma (Englisch)

 


 

Aung San Suu Kyi in der Schweiz

Die Menschenrechtlerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi besuchte Mitte Juni 2012 die Schweiz. Das war nach 24 Jahren ihr erster Aufenthalt in Europa. Die letzten beiden Jahrzehnte stand sie mehrheitlich unter Hausarrest. Im

November 2010 wurde sie überraschend freigelassen. Sie durfte im Frühling 2012 auch an den Wahlen teilnehmen und wurde  ins Parlament gewählt.

 


 

Keine Bürgerrechte für die muslimischen Rohingyas

Die Angehörigen des muslimischen Rohingya-Volkes gelten für die Regierung nicht einmal als Staatsbürger. Die Staatsbürgerschaft wurde ihnen 1982 entzogen, weil sie angeblich nicht zu den ursprünglichen Einwohnern Burmas gehörten, sondern erst 1823 unter britischer Herrschaft eingewandert seien – eine absurde Behauptung. Dem Militärregime ging es vielmehr darum, die nichtbuddhistischen ethnischen Minderheiten zu spalten, um die eigene Macht zu erhalten. Auch die neue Regierung verweigert den Rohingya den Betrieb von Moscheen und Schulen. Bei Unruhen im Juni 2012 wurden etwa 80 Menschen getötet und etwa 80  000 vertrieben. Die Unruhen waren ausgebrochen, nachdem eine 26-jährige Buddhistin vergewaltigt und ermordet worden war. Das Verbrechen wurde drei Rohingyas angelastet, zwei wurden inzwischen zum Tod verurteilt.

Weitere Infos zu den Rohingya (NZZ)

Ende Oktober kam es erneut zu einer Welle der Gewalt mit mehreren Dutzend Toten.
Gewaltausbruch im Oktober 2012 (NZZ)

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