29. Februar 2016

Zwei Jahre Zwangsarbeit für Pastor Yklas

Aus Angst um ihr Machtmonopol bevorzugen Kasachstans Behörden staatskonforme russisch-orthodoxe Christen und sunnitische Muslime. Adventistenpastor Yklas Kabduakasov, 54, Konvertit aus dem Islam, wurde im Dezember 2015 zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

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Am 14. August 2015 wurde der Adventist Yklas Kabduakasov, Pastor einer staatlich nichtregistrierten Gemeinde, in seiner Wohnung in der Hauptstadt Astana festgenommen. Darüber hinaus beschlagnahmte die Polizei neun christliche Bücher. Ebenfalls durchsucht wurde das Lokal, in dem Pfarrer Yklas Gottesdienste abzuhalten pflegte.

Zwangsarbeit nach Berufungsverfahren

Am 9. November folgte seine Verurteilung wegen «Aufwiegelung zu religiösem Hass» zu sieben Jahren Hausarrest und einer Busse. Monatelang zuvor hatten Mitarbeiter des staatlichen Geheimdienstes KND mit versteckten Kameras Gespräche zwischen dem Pastor und vier muslimischen Studenten filmen lassen.

Die KND-Mitarbeiter sorgten denn auch dafür, dass die Anklage bei den späteren Gerichtsverhandlungen die Behauptung auftischte, der Pastor habe versucht, die vier Studenten zum Übertritt zum Christentum zu nötigen. Pastor Yklas und seine Gemeinde bestritten dies, und seine Anwältin Shaldykova Gulmira legte gegen das Urteil sofort Berufung ein. Statt jedoch den Hausarrest-Verdikt zu mildern oder zumindest zu bestätigen, wurde am 28. Dezember 2015 die Strafe durch die Gerichtsbehörden von Astana verschärft: Nun hiess es zwei Jahre Zwangsarbeitslager für Pastor Yklas!

Früherer Glaube als Stolperstein?

Gemäss Beobachtern der Szene geht die drakonische Urteilsverschärfung auf den Staatsankläger zurück, dem das ursprüngliche Verdikt zu milde vorkam. Ausserdem sei die ursprüngliche muslimische Zugehörigkeit von Pastor Yklas den vorwiegend muslimischen Behörden seit langem schon ein Dorn im Auge gewesen. Sein jüngstes Kind hat Pastor Yklas, 54-jährig und achtfacher Familienvater, nie gesehen: Dieses kam erst nach seiner Verurteilung zu Zwangsarbeitslager-Haft zur Welt.

Sunniten und Orthodoxe werden bevorteilt

Die gnadenlosen Verurteilungen von Yklas Kabduakasov verdeutlichen, wie es um die Religionsfreiheit im flächenmässig grössten Binnenland der Welt steht.
Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs gehörte Kasachstan zur damaligen kommunistischen Sowjetunion. Rund 70 Prozent der 17 Millionen Einwohner sind Muslime, vorab Sunniten, 26 Prozent sind Christen. Die Übrigen gehören anderen Religionen an oder sind konfessionslos.

Im Jahr 2006 ratifizierte Kasachstan den Internationalen Uno-Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Dieser soll das Recht auf Religionsfreiheit garantieren. Doch laut Kasachstans Religionsgesetz aus dem Jahr 2012 muss eine Religionsgemeinschaft eine genau festgelegte Mindestanzahl von Gründungsmitgliedern nachweisen, um staatlich anerkannt zu werden. Diese müssen sich mit eigener Unterschrift beglaubigen lassen. Auf lokaler Ebene werden rund 50 Unterschriften verlangt, auf regionaler 500 und auf nationaler Ebene gar 5000.

Ausser den an Mitgliedern starken russisch-orthodoxen Christen und sunnitischen Muslimen, die dem Islamischen Rat angeschlossen sind, kann kaum eine Glaubensgemeinschaft in Kasachstan diese Bedingung erfüllen.

Strenge Kontrollen

Darüber hinaus sorgen sich der diktatorische Präsident Nursultan Nasarbajew und sein Regime um die eigene Machtstellung und möchten jede Religionsgemeinschaft streng kontrollieren. So muss jede Gemeinschaft der Zensurbehörde ihre Gottesdienst- und Unterrichtslokale wie auch sonstige religiöse Treffpunkte, ferner die Zeitpunkte der Abhaltung ihrer religiösen Aktivitäten melden. Dabei sind der Zensur sämtliche dazu verwendete Druckschriften wie auch sonstiges religiöses Material zur Genehmigung vorzulegen.

Leidtragende Minderheiten

Allen Religionsminderheiten im Lande, die sich infolge der hohen Anforderungen bezüglich Mitgliederzahl kaum in der Lage sehen, sich staatlich zu registrieren, wird das Leben schwer gemacht. Ebenso wenig hilft es ihnen, wenn sie eine derartige Registrierung als Verstoss gegen die Menschenrechte betrachten und daher ablehnen.

Zu diesen leidtragenden Minderheiten gehören die nicht-russisch-orthodoxen Christen wie auch jene Muslime, die Nichtmitglieder des (sunnitischen) Islamischen Rates sind – etwa Schiiten oder Angehörige der muslimischen Missionsbewegung Tabligh Jamaat. Diese Religionsgemeinschaften müssen mit hohen Bussen, Razzien, der Zwangsauflösung ihrer Gemeinden oder gar der Festnahme ihrer Mitglieder rechnen.

Max-Peter Stüssi

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