«Immer mehr Menschen ernähren sich von Wurzeln und Blättern»

Der Krieg hat auch den von vielen Christen bewohnten Süden des Sudans erreicht. Zu tausenden fliehen Menschen aus der Hauptstadt Khartum nach Südkordofan (Nuba-Berge) und Blauer Nil. Doch hier fehlt es ihnen an allem. Kommt dazu, dass nach dem Waffenstillstand von 2016 Südkordofan und Blauer Nil erneut von sudanesischen Streitkräften angegriffen werden. CSI-Partner Benjamin Barnaba befürchtet Schlimmes. Zugleich dankt er CSI für die humanitäre Hilfe.

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Ben in Blue Nile 2

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CSI: Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Lage in den Nuba-Bergen?

Benjamin Barnaba: Die derzeitige Situation bestätigt die historischen Fehler, die bei der Ausgrenzung der einheimischen Bevölkerung in den Nuba-Bergen und Blauer Nil begangen wurden. Der Befreiungskampf für das Volk der Nuba dauert nun schon mehr als 50 Jahre. Fünf Generationen sind durch Analphabetismus, Armut und Krankheiten verloren gegangen. Die herrschende Elite – hauptsächlich muslimische Araber im Norden des Landes – hat es geschafft, diesen langen Krieg durchzusetzen, ohne ernsthafte Versuche für  einen gerechten Frieden.

Seit 2016 gab es einen Waffenstillstand. Wie hat nun alles wieder angefangen?

Die Unruhen begannen am 8. Juni 2023, als muslimische Nomaden, die mit den sudanesischen Streitkräften verbündet sind, etwa 250 Rinder von Menschen aus den Nuba-Bergen entwendeten. Beim Versuch der Bestohlenen, ihre Rinder zurückzuerlangen, eskalierte die Lage.

Ähnliches geschah am 25. Juni 2023 im Bundesstaat Blauer Nil, als die Sudanesische Armee (SAF) und ihre Verbündeten über 300 Rinder rund um die Dörfer in Westkurmuk stahlen. Als die Zivilisten die Diebe mit ihrer Tat konfrontierten, wurden sie festgenommen und gefoltert. Andere wurden getötet.

Folgten daraufhin die Bombardierungen?

Ja, nun werden  die Nuba-Berge und der Blaue Nil wieder von der SAF aus der Luft bombardiert, um die einheimische Bevölkerung zu vernichten. Der Süden des Bundesstaates Blauer Nil steht seit dem 26. Juni unter ständigem Beschuss. In den Nuba-Bergen begannen die Bombardierungen einige Tage zuvor.

Wurden nach dem Ausbruch dieser neuen Kämpfe Menschen im südlichen Sudan getötet?

Es gibt Todesopfer zu beklagen. Doch Gott sei Dank sind es bisher  nur wenige. Das liegt daran, dass die Zivilbevölkerung die Taktiken der Kriege in den Nuba-Bergen und am Blauen Nil kennt, die Bedingungen vorhersehen und angemessen damit umgehen kann. Und dennoch frage ich mich, wie viele Menschen noch sterben müssen, damit wir die Freiheit im Sudan erlangen.

Nach dem Ausbruch der Kämpfe in Khartum sind viele Menschen in die Nuba-Berge und Blauen Nil geflohen.

Genau, sie fliehen, um Schutz zu finden. Es kommen immer noch mehr, obwohl viele nach den Angriffen auf Dillinge am 12. Juni gestoppt wurden, als die RSF die Routen blockierte. Jüngste Schätzungen gehen von über 21‘000 Geflüchteten in den Nuba-Bergen und 8‘000 in der Region Blauer Nil aus. Die meisten sind Frauen mit Kindern.

Woher stammen diese Flüchtlinge ursprünglich?

Die meisten kommen ursprünglich aus den Nuba-Bergen und dem Blauen Nil. Doch es gibt auch einige Menschen aus dem Südsudan, die sich vor dem Krieg um Khartum aufhielten und nun in ihre Heimat zurückwollen.

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Völlig ausgelaugt und hungrig: Vertriebene Menschen in den Nuba-Bergen warten auf Hilfe. csi

Welche humanitären Folgen haben die Unruhen?

Der Krieg hat die wichtigsten Lebensgrundlagen der Menschen in den Nuba-Bergen und am Blauen Nil zerstört, da gegenwärtig die Felder angebaut werden sollten. Hunger breitet sich aus, sowohl unter den Binnenvertriebenen als auch unter den Menschen, die schon seit Jahren hier leben. Aus Not ernähren sich immer mehr Personen von wilden Wurzeln, Früchten und Blättern, was langfristig zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen kann.

Was benötigen die notleidenden Menschen am dringendsten?

Lebensmittel sind am dringendsten. Doch auch medizinische Versorgung, sauberes Wasser und ein Dach über den Kopf, um sich vor Regen und Sonne zu schützen, sind in dieser Notlage unerlässlich.  

Wie hilft die CSI in der aktuellen Situation?

CSI leistet unter anderem Nahrungsmittelhilfe für die am stärksten gefährdeten Gruppen und Haushalte. Ferner werden Saatgut und landwirtschaftliche Geräte verteilt, damit in Zukunft Hungerkrisen vermieden werden können. Im Bezirk Thobo stellt CSI einen Teil der Intrastruktur für Schulen zur Verfügung, um in den Nuba-Bergen die Bildung zu fördern, was für uns das wichtigste Instrument für eine bessere Zukunft ist. Wir danken CSI auch für die Unterstützung einer Farm, auf der Nahrungsmittel für besonders Bedürftige angebaut werden. Ebenso dankbar bin ich, dass bei der Bohrung eines Brunnens geholfen wird.

CSI-Partner Benjamin Barnaba ist Leiter des Neuen Sudanesischen Kirchenrates NSCC. Er setzt sich als Menschenrechtsaktivist und Entwicklungshelfer für die notleidenden Christen im südlichen Sudan ein.

Interview: Reto Baliarda

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