Ägypten: Extremisten zünden Häuser von Christen an

Im ägyptischen Ort Al-Fawakhir wurden die Häuser mehrerer Christen angezündet, während sich diese darin aufhielten. Der Vorfall war der letzte einer ganzen Serie von Angriffen auf Christen in Mittelägypten.

Koptische Kirche in Ägypten. csi

In ganz Ägypten leben 10 Millionen koptische Christen. Im Gouvernement Minya in Mittelägypten sind es bis zu 40 Prozent verschiedener Denominationen. csi

 

Am 23. April 2024 schrieb Bischof Macarius, Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche im Gouvernement Minya, um 23.23 Uhr in einem Beitrag auf X, „Extremisten“ hätten eine „grosse Anzahl von Häusern“ koptischer Christen in Al-Fawakhir in Brand gesetzt und die Menschen daran gehindert, die brennenden Häuser zu verlassen.

Drei Stunden später meldete der Bischof, dass die Sicherheitskräfte eingetroffen seien. Sie hätten die Situation unter Kontrolle gebracht und die „Anstifter und Täter“ festgenommen. Der Bischof erklärte zudem,die staatlichen Stellen würden die von den Anschlägen Betroffenen entschädigen. Bischof Macarius schloss mit den Worten: „Möge Gott unser geliebtes Land Ägypten vor allem Unheil bewahren.“

Zur Frage, was die Attacke ausgelöst haben könnte, sagte eine nicht namentlich genannte Person der koptisch-orthodoxen Kirche gegenüber dem Portal “The New Arab”, die Christen im Dorf wollten eine neue Kirche bauen, was die muslimischen Nachbarn mit Gewalt unterbanden.

Der Angriff ist kein Einzelfall

Nach Angaben der Interessengruppe “Coptic Solidarity” weist der Angriff Ähnlichkeiten auf mit früheren Vorfällen in derselben Provinz, darunter die Angriffe in Al-Khaiyary (September 2023), Manzafat Zaafarana (Januar 2024) in Abu Qurqas und Al-Azib (Dezember 2023) in Samalut“. Bei jedem dieser Anschläge hätten die Angreifer den Bau einer Kirche verhindert.

Minya ist die Hauptstadt des Gouvernements Minya in Mittelägypten, etwa 250 Kilometer südlich von Kairo am Ufer des Nils. Der Grossraum Minya reicht mit mehr als 700’000 Einwohnern bis in die Wüste hinein. Mehr als 40 Prozent der Einwohner von Minya sind Christen. Neben den koptischen gibt es auch katholische, evangelische und freikirchliche Gemeinden.

Ein Gerücht kann genügen

Antichristliche Gewalt kann in Ägypten allein schon durch Gerüchte ausgelöst werden, gemäss denen Christen versuchten, Kirchen zu bauen oder zu reparieren. Diese Feindseligkeit spiegelt das traditionelle Verbot des Kirchenbaus im islamischen Schariarecht wider. In Ägypten bedurfte es jahrzehntelang einer Genehmigung des Präsidenten, um Kirchen zu bauen oder Renovationen vorzunehmen.

Ein Gesetz aus dem Jahr 2016 sollte die Genehmigung für den Bau von Kirchen regeln. Aber wie die “Ägyptische Initiative für Persönlichkeitsrechte” meldet, habe das Gesetz weder dazu beigetragen, den Bau von Kirchen für Christen zu erleichtern, noch Angriffe zu verhindern, die durch den Bau von Kirchen ausgelöst wurden.

Im Dezember 2022 griff beispielsweise ein Mob eine Kirche und christliche Häuser in einem Dorf in der Provinz al-Beheira an, nachdem der Gemeinde versucht hatte, das baufällige Dach der Kirche zu reparieren. Kurz darauf wiesen die Behörden die Christen an, die Reparatur der Kirche einzustellen.

Gewalt gegen Christen begann in den 1970-er Jahren

Die koptisch-orthodoxe Kirche Ägyptens geht zurück auf den Apostel Markus. Mit rund 10 Millionen leben in Ägypten mehr Christinnen und Christen als in jedem anderen Land im Nahen Osten. Doch seit den 1970-er Jahren, in denen die ägyptische Regierung Schritte zur Islamisierung des Staates unternahm und islamische Extremistengruppen zu fördern begann, sind die ägyptischen Christen zunehmender Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt.

In den Jahren 2011 bis 2018 erreichten die Attacken einen Höhepunkt. Dschihadisten brannten Dutzende von Kirchen nieder und ermordeten Hunderte von Christen. Am Palmsonntag 2017 töteten Selbstmordattentäter 45 Christen während des Gottesdienstes in Kirchen in Tanta und Alexandria. Bischof Macarius selbst hatte 2013 ein Attentat überlebt.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi kam im Juli 2013 an die Macht. Al-Sisi stellte sich als Beschützer der ägyptischen Christen dar, und tatsächlich sind Attentate gegen Christen seltener geworden. Doch die Christen werden noch immer auf unterschiedliche Art und Weise verfolgt. Zum Schlimmsten zählen Entführungen, Zwangsverheiratungen und Zwangskonvertierungen.

Junge Christin entführt

Im Januar dieses Jahres verschwand die 21-jährige Christin Irene Ibrahim Shehata mitten in ihren Zwischenprüfungen. Später teilte die Polizei ihrer Familie mit, dass sie einen muslimischen Mann geheiratet habe und aus freien Stücken zum Islam konvertiert sei. Nach Angaben von Irenes Vater bestand der einzige Kontakt seit ihrem Verschwinden aus einem Telefonat mit einem ihrer Brüder, der Irene weinen hörte. Dann wurde ihr der Hörer weggerissen und eine Männerstimme sagte: „Du hast ihre Stimme gehört und weisst, dass es ihr gut geht, okay? Jetzt fahr zur Hölle!“

Morven McLean

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