Ogbunwezeh: «Christen leben vielerorts in Nigeria sehr gefährlich»

Weltweit wird keine Glaubensgemeinschaft so häufig Opfer von Gewalttaten wie Christen. Im Gedenken an die verfolgten und getöteten Glaubensgeschwister führte die Arbeitsgruppe «Verfolgung.jetzt», der auch CSI angehört, am 21. August 2021 in Bern eine Kundgebung durch. Um dem Anliegen Ausdruck zu verleihen, wurde der Münsterplatz in ein symbolisches Massengrab verwandelt. CSI-Mitarbeiter Franklyne Ogbunwezeh schilderte eindrücklich die alarmierende Lage der Christen in Nigeria.

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Die rund 20 Helferinnen und Helfer der Kundgebung «Verfolgung.jetzt» hatten am frühen Nachmittag des 21. August alle Hände voll zu tun, um ihrem Anliegen für die angegriffenen Christen ein einprägsames Gesicht zu geben. Ganz nach dem Motto «Gemeinsam geht es besser» legten alle Hand an, um aus vorgefertigten Holzteilen in Windeseile 500 Kreuze zusammenzusetzen und aufzustellen. So verwandelte sich der Berner Münsterplatz innert kurzer Zeit in ein bildstarkes, symbolisches Massengrab.

Christen leiden am meisten

Im Verlaufe der Kundgebung legten einige Helfer in der Mitte des sinnbildlichen Friedhofs andächtig ein über 50 Meter langes Band mit Namen von christlichen Gewaltopfern aus, welche in jüngster Vergangenheit wegen ihres Glaubens getötet wurden. Im Einklang mit dieser ausdrucksstarken Aktion wurde über Lautsprecher darauf hingewiesen, dass Christen statistisch gesehen derzeit am meisten Gewalt erleiden müssen.

Kommt dazu, dass letztes Jahr unzählige Christen körperlich oder psychisch misshandelt wurden. Zehntausende christliche Menschen mussten wegen Verfolgung oder aufgrund heftiger Kämpfe aus ihrer Heimat fliehen. In Ländern wie Pakistan oder Ägypten werden junge Christinnen entführt, zum Islam zwangskonvertiert und gegen ihren Willen verheiratet.

Video zur Kundgebung von «Verfolgung.jetzt» in Bern

Ogbunwezehs Schwester von Islamisten getötet

In keinem Land wurden 2020 annähernd so viele Christen umgebracht wie in Nigeria. Verantwortlich dafür sind vor allem Islamisten von Boko Haram im Nordosten und der Fulani-Ethnie im Zentrum Nigerias. «Vielerorts in Nigeria ist es heute sehr gefährlich, Christ zu sein», bilanziert der gebürtige Nigerianer Franklyne Ogbunwezeh. Der CSI-Leiter der Genozid-Prävention in Afrika muss im Zusammenhang mit islamistischen Attacken in Nigeria auch mit einem persönlichen Schicksal fertig werden: Seine Schwester starb bei einem Terror-Anschlag von Boko Haram, wie er in seiner Botschaft offenbarte.

Zunehmende Islamisierung

Franklyne Ogbunwezeh drückte ausserdem seine Besorgnis über die zunehmende Vertreibung von Christen im Norden Nigerias aus. «Es steht eine klare Islamisierungsstrategie dahinter. Seit in zwölf Bundesländern die Scharia eingeführt worden ist, müssen Christen sich dieser zunehmend fügen.»

Betreffend der Angriffe von Fulani-Islamisten auf Christen bemerkte er, dass dabei im Westen häufig von einem Konflikt um Weideland gesprochen werde. Dies sei jedoch nicht statthaft, da die entsprechenden Angriffe sich in erster Linie gegen christliche Dörfer richten.

Die Anzahl der Anschläge ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. «Vieles davon erreicht die europäischen Medien gar nicht mehr.» Franklyne Ogbunwezeh spricht auch hier von einer Strategie seitens Islamisten. «Im umkämpften Bundesstaat Plateau in Zentralnigeria verfügen die Muslime nicht über die Mehrheit.» Doch Christen werden dort laufend zum Verlassen der Region gezwungen, um so das Gleichgewicht in der Region zu verändern.

Doch selbst von staatlichen Akteuren würden nigerianische Christen, die immerhin fast die Hälfte der Wohnbevölkerung ausmachen, immer mehr drangsaliert. «In vielen Orten Nigerias kriegen Christen keine Genehmigung mehr, eine Kirche zu bauen oder sie zu renovieren.» Es sei wichtig, dass wir unsere Stimme für diese unterdrückte Christen erheben. «Die vielen Kreuze, die wir heute aufgestellt haben, sind ein Symbol dafür, dass diese Menschen eine Stimme erhalten.»

Beeindruckte Passanten

Die Kundgebung in Bern fand im Zusammenhang mit dem UNO-Gedenktag für die Opfer von Gewalttaten aufgrund ihrer Religion statt. Die Aktion wurde Corona-bedingt gestreamt und ohne Publikum durchgeführt. Dennoch blieben viele interessierte Passanten vor dem symbolischen Massengrab auf dem Münsterplatz stehen. Einige liessen sich sogar dazu ermutigen, eine Rose bei einem Kreuz niederzulegen.

 


Was ist «Verfolgung.jetzt»?

Hinter der Aktion steht die Arbeitsgruppe «Verfolgung.jetzt», eine Gruppe der Arbeitsgemeinschaft für Religionsfreiheit (AGR) der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA). Die AGR setzt sich aus folgenden Organisationen zusammen: Open Doors (OD), Hilfe für Mensch und Kirche (HMK), Christliche Ostmission (COM), Christian Solidarity International (CSI), Aktion für verfolgte Christen und Notleidende (AVC), Licht im Osten (LIO) und Osteuropa Mission Schweiz (OEM). An der Kundgebung beteiligte sich zudem die Organisation Fingerprint.

Reto Baliarda

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