Freudentränen und Wermutstropfen

Unter dem rauchenden Kamin arbeiten Ziegelei-Sklaven zwölf Stunden täglich in grösster Hitze und unter Zeitdruck. Mit der Hilfe von CSI gelang Rangoo und Sajida Masih der Schritt in die Freiheit.

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Lehm und Ton sammeln, mit Wasser mischen, Ziegel formen, trocknen, brennen, stapeln. Auch Frauen und Kinder schuften mit. Aufgrund von Knebelverträgen sind die Ziegeleiarbeiter den Firmenbesitzern ausgeliefert. Der Lohn reicht nicht. Für einen Arztbesuch verschulden sie sich beim Chef. Die Arbeiterfamilien leben in Unterkünften der Ziegelei. Bei der nächsten Lohnzahlung ist neben der Miete die Schuldentilgung bereits abgezogen.

In der Schuldenfalle

Die Familien – oft sind es Christen – sitzen in der Schuldenfalle. Es ist ein elendes Dasein. Die Kinder brennen Ziegel für Schulen, in die sie nicht gehen können. Es gibt Tausende solcher Ziegelfabriken in Pakistan. Den Besitzern entfliehen? Geht nicht. Die Arbeiter werden ­gejagt und zurückgeschafft, damit sie ihre Schulden bezahlen – aber womit denn? Nicht nur wegen der unmenschlichen Arbeitsbedingungen ist Missbrauch ein grosses Thema. Es ist bekannt, dass Be­sitzer oder Aufseher Frauen und Mädchen sexuell belästigen und sie auch zwangsverheiraten.

Das wissen Rangoo und ­Sajida Masih. Ihre fünf Töchter sind zwischen 17 und 23 Jahre alt. Als ­Familie leben und arbeiten sie auf einer Ziegelei im Distrikt Patoki. Vor zwei Jahren musste Mutter Sajida wegen Diabetes ein Bein amputiert werden; sie kann nicht mehr arbeiten. Die Kosten für Krankenhaus und Medikamente haben die ohnehin schon verschuldete Familie noch tiefer in die Schulden getrieben.

Eine Tochter entführt

Das Arbeitsumfeld ist für Rangoos hübsche Töchter gefährlich und unsicher. Anfang April passierte es: Ein Nachbar entführte Rabia, die Älteste. Sie wurde unter Zwang islamisiert und verheiratet. Das zu beweisen ist allerdings schwierig, weil Rabia volljährig ist.

Freude und Schmerz

Etwas anderes ist durch CSI-Unterstützung aber gelungen: Ende Mai wurden dank der finanziellen Unterstützung eines CSI-Spenders sämtliche Schulden der Familie ­Masih zurückgezahlt. An einem neuen Ort wird Rangoo geholfen, ein eigenes Gewerbe aufzubauen, wofür ihm ein Esel mit Karren finanziert wurde. Rangoo hatte Freudentränen in den Augen, als ihm CSI-Projektpartner Anjum Paul mitteilte, jetzt sei Schluss mit der Sklaverei und Zwangsarbeit. Rangoo bedankte sich bei CSI überaus herzlich, lässt Anjum Paul ausrichten. Zurück bleibt der Schmerz über die entführte Tochter. CSI versucht weiterhin, sie zurückzuholen.

Rolf Höneisen

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