
Alena Douhan, UNO-Sonderberichterstatterin für Sanktionen (Unilateral Coercive Measures) warnt: Die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien können zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden. CSI schliesst sich Douhans Aufruf an, die einseitigen Sanktionen sofort aufzuheben.
Nach dem Bürgerkrieg in Syrien stockt der Wiederaufbau aufgrund der Wirtschaftssanktionen. Die Bevölkerung leidet. Foto: csi
In Syrien spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Einen grossen Anteil daran haben die brutalen Wirtschaftssanktionen. Das zeigt ein Bericht der UNO-Sonderberichterstatterin Alena Douhan. «Der aktuelle Bericht ist schockierend», sagt Joel Veldkamp von Christian Solidarity International (CSI). Unter anderem hält Douhans Bericht folgendes fest:
– Ein Krankenhaus in Homs mit 125 Ärzten und 850 Krankenschwestern hat nur zwei Sterilisationsmaschinen.
– Im gleichen Krankenhaus stehen nur gerade eine Handvoll Dialysegeräte für die Behandlung von 275 Patienten zur Verfügung.
– Der monatliche Bedarf an Lebensmitteln für eine durchschnittliche syrische Familie kostet heute dreimal so viel wie ein Durchschnittsgehalt beträgt.
– Nur 4 Prozent aller Schulen verfügen über Elektrizität.
– 12 Millionen Syrer – das sind mehr als die Hälfte der Bevölkerung – kämpfen mit Ernährungsunsicherheit.
Der Bericht der UNO-Sonderberichterstatterin hält mit Blick auf die humanitäre Katastrophe unmissverständlich fest: Die Sanktionen gegen Syrien spielen in der derzeitigen Krise eine bedeutende Rolle. Die Sanktionen machen es beispielsweise extrem schwierig, Infrastruktur zu reparieren oder Ersatzteile für das Stromnetz oder medizinische Geräte zu bestellen. Die Sanktionen gegen die syrische Zentralbank verunmöglichen den Syrern den freien Handel mit dem Ausland. Auch hindern die Sanktionen die Syrer daran, Treibstoff zu importieren. Dadurch werden Brennstoffe und Strom knapp, was wiederum die Bewässerung von Feldern, den Transport von Lebensmitteln, die Kühlung von Impfstoffen oder die Beleuchtung in Schulen erschwert.
Zwar ist der Bürgerkrieg in Syrien seit 2018 praktisch zum Erliegen gekommen. Doch die humanitäre Lage im Land ist heute schlimmer als zuvor. Grund ist die Verschärfung der Wirtschaftssanktionen durch die USA im Jahr 2018. Die Schlussfolgerung von UNO-Sonderberichterstatterin Douhan ist ungewöhnlich deutlich formuliert: «Die Aufrechterhaltung einseitiger Sanktionen angesichts der derzeitigen katastrophalen und sich weiter verschlechternden Lage in Syrien kann auf ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen das gesamte syrische Volk hinauslaufen.»
Die Krise trifft alle im Land. Die Sanktionen zerstören die letzten Hoffnungen auf eine bessere Zukunft. Für die christliche Minderheit könnte die gegenwärtige Lage sogar zu einer Existenzfrage werden. Im Januar 2021 unterzeichneten neun syrische Kirchenleiter einen offenen Brief von CSI an US-Präsident Biden mit der Aufforderung, die Sanktionen aufzuheben. Zwei Drittel aller Christen in Syrien haben seit Ausbruch des Krieges das Land verlassen – und der Aderlass geht weiter.
Washington und seine Verbündeten behaupten, die Sanktionen würden die syrische Regierung für ihre Verbrechen zur Rechenschaft ziehen. Doch nach elf Jahren des Sanktionsregimes ist klar und von der UNO-Sonderbeauftragten nun bestätigt: Die Sanktionen bewirken nichts anderes als die Verarmung des syrischen Volkes. Joel Veldkamp: «CSI schliesst sich dem Aufruf der UNO-Sonderberichterstatterin zur sofortigen Aufhebung aller einseitigen Sanktionen an.» Er fordert dazu auf, die Petition des «Global Network for Syria» gegen die Sanktionen gegen Syrien zu unterzeichnen und weit zu verbreiten. Veldkamp wörtlich: «Die Syrer brauchen uns mehr denn je.»
Rolf Höneisen
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