500 Entführte in weniger als einem Monat

Zwischen Mitte Februar und Mitte März 2024 wurden erschreckend viele Christen im Bundesstaat Kaduna überfallen und verschleppt. Besonders dramatisch ist die Entführung von 287 Schulkindern. Bei den Angreifern handelt es sich mutmasslich um islamistische Fulani-Milizen.

Diese Karte zeigt den Standort der Schule in Kuriga, wo nahezu 300 Kinder entführt wurden. google

Kaduna liegt im nördlichen Zentrum Nigerias und ist etwa je zur Hälfte in ein christliches und muslimisches Gebiet aufgeteilt. Die Christen leben vorwiegend im Süden. Seit Jahren wird der Bundesstaat von ethnischer und religiöser Gewalt geplagt.

Die jüngste Welle von Angriffen begann am 16. Februar 2024. An diesem Tag überfiel eine grosse Zahl bewaffneter Männer das Dorf Kwassam im Bezirk Kauru und entführte 51 Menschen. Am 13. März drangen Fulani-Islamisten ins Dorf Buda unweit der Stadt Kajuru ein. 61 Bewohner wurden dabei verschleppt. Drei Tage später kam es am selben Ort zu einer erneuten Entführung von 14 Dorfbewohnern. Am 17. März wurden weitere 86 Menschen aus Kajuru gekidnappt.

Verheerende Massenentführung von Schülern

Doch der Überfall, der weltweit für Schlagzeilen sorgte, war die Entführung von 287 Grund- und Sekundarschülern am 7. März 2024 am helllichten Tag im Dorf Kuriga. Die bewaffneten Angreifer, die von Kurigas Bewohner als muslimische Nomaden der Fulani-Ethnie bezeichnet werden, entführten auch Angestellte der Schule, darunter den Schulleiter Abubakar Isa.

Der Gouverneur von Kaduna, Uba Sani, besuchte Kuriga am nächsten Tag und versicherte, dass alle Kinder so bald wie möglich unverletzt nach Hause gebracht würden. Mehrere hochrangige Vertreter des Militärs und der Sicherheitsbehörden kamen ebenfalls nach Kuriga und machten ähnliche Versprechungen.

Horrende Lösegeldforderungen

Doch am 13. März erhielt Aminu Jubril, ein Freund des entführten Lehrers, einen anonymen Anruf. Die Stimme am anderen Ende der Leitung war unverkennbar jene von Isa, dem verschleppten Schulleiter. Isa teilte dabei mit, dass die Entführer für die Freilassung der Geiseln die horrende Summe von umgerechnet 650’000 Franken forderten. Diese Mitteilung musste Jubril an die nigerianische Regierung weiterleiten.

Nigerias Präsident Präsident Bola Tinubu erklärte daraufhin, dass seine Regierung im Einklang mit ihrer Politik kein Lösegeld zahlen werde. Das Schicksal der Entführten aus Kuriga bleibt somit höchst ungewiss.

Schlimmste Entführung seit Chibok

Der Überfall auf die Schule in Kuriga war die schlimmste Massenentführung von Schulkindern seit April 2014. Damals wurden rund 260 christliche Mädchen aus einem Internat in Chibok im nordöstlichen Bundesstaat Borno durch die Terrormiliz Boko Haram verschleppt. Bis heute werden über 100 entführte Mädchen vermisst.

In die Kriminalität gedrängt?

Nach Angaben der einheimischen Menschenrechtsorganisation Southern Kaduna Peoples Union (SOKAPU) hat die Fulani-Gewalt im Süden Kadunas in den letzten Jahren tausende von Menschenleben gefordert und zur Säuberung von über 200 Dörfern geführt. Die Islamisten hätten dabei rund ein Viertel der Fläche von Süd-Kaduna, zirka 6000 Quadratkilometer, besetzt. Nicht nur Christen, sondern auch Muslime und andere Glaubensgemeinschaften, die nicht dem Stamm der Fulani angehören, sind von den Angriffen betroffen.

Scheich Ahmad Abubakar Gumi, Sprecher der Fulani-Islamisten, meint dazu, dass sein Stamm in Nigeria schlecht behandelt werde. Die Fulani seien in die Kriminalität gedrängt worden, so Gumi gegenüber der Zeitung «Sahara Reporters».

Die Fulani-Milizen seien jedoch bereit, ihre Waffen niederzulegen, sofern sie erfolgreich mit der Regierung verhandeln könnten.

Luka Binniyat

Luka Binniyat ist ein preisgekrönter Autor und freiberuflicher Journalist aus Kaduna, der sich auf Konfliktberichterstattung spezialisiert hat. Im Jahr 2021 wurde er wegen seiner Berichterstattung über Massaker in diesem Bundesstaat inhaftiert. CSI setzte sich für seine Freilassung ein.

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