
Nayab Gill wurde zweimal von ihrem Arbeitgeber entführt, einmal mit Waffengewalt. Dank der Hilfe einer Nachbarin konnte die 16-jährige Christin fliehen. Sie ist wieder bei ihren Eltern, wo sie sich sicher fühlt. Dank der Hilfe von CSI wird das psychisch angeschlagene Mädchen professionell betreut.
Mit 13 Jahren begann Nayab, im Coiffeursalon des Muslims Saddam zu arbeiten. Sie sah sich dazu gezwungen, um ihre Familie während der Covid-Pandemie finanziell zu unterstützen. «Die Arbeit bereitete mir Freude. Ich verstand mich mit Saddam und seinen vier Töchtern gut. Sie alle halfen mit, den Schönheitssalon zu betreiben», berichtet Nayab.
Doch mit jedem Tag, der verging, wuchs Nayabs Interesse am Islam: Ihr Verhältnis zu ihren Eltern kühlte sich zusehends ab, während sich Saddam, der mit drei Frauen verheiratet ist, mächtig freute. Er schenkte ihr einen Gebetsteppich und lehrte sie, fünfmal am Tag zu beten und sich dabei nach Mekka auszurichten.
Nayabs Eltern waren besorgt über die Entwicklung ihrer Tochter. Im Mai 2021 beschlossen sie kurzerhand, Nayab nicht länger in Saddams Friseursalon arbeiten zu lassen. Das gefiel dem muslimischen Salonbesitzer gar nicht: Am nächsten Tag drang dieser in die Wohnung der Familie ein und verschleppte Nayab in sein Haus.
Zwar gelang es CSI-Partner Anjum am 14. Juli 2021, Nayab in einer gefährlichen Nacht-und-Nebelaktion freizubekommen und sie zurück zu ihrer Familie zu bringen. Doch die Freude sollte sich bald in Entsetzen verwandeln. Nur wenige Tage später brachen bewaffnete Männer in Nayabs Zuhause ein und brachten sie zurück in Saddams Gewalt.
CSI focht den Fall juristisch an. Am 17. August 2022 erschien Nayab mit ihrem Peiniger vor Gericht. Nayab gesteht: «Unter Druck behauptete ich, dass ich eine Muslima und 18 Jahre sei». Dies, obwohl ihre Eltern ihre Geburtsurkunde vorlegten, auf der ihr Geburtsjahr 2007 stand. Unter Berufung auf das islamische Recht –
ein Mädchen wird nach der ersten Periode als erwachsen angesehen – entschied das Oberste Gericht von Lahore, dass Nayab volljährig sei. Sie könne ihre Entscheidungen selbst treffen. Mit anderen Worten: Sie musste bei Saddam bleiben.
Nayab litt zunehmend unter der Misshandlung, der sexuellen Ausbeutung und der psychischen Gewalt im Umfeld ihres Chefs, mit dem sie zwangsverheiratet war. Ihr Lichtblick war, dass sie Kontakt zu einer muslimischen Frau aus der Nachbarschaft knüpfte, die es gut mit ihr meinte. Nach und nach offenbarte sie ihr, unter welcher Tortur sie litt.
Die mutige Frau plante, Nayab aus der Gewalt ihres Entführers zu befreien. «Am 15. April 2023, als Saddam nicht zu Hause war, nahm ich all meinen Mut zusammen, kletterte aufs Dach, von wo aus ich leicht auf das angebaute Flachdach der Nachbarin springen konnte», beschreibt Nayab ihre Flucht. Die Befreierin zögerte nicht lange und gab dem Mädchen das nötige Geld, damit sie zu ihrer Familie reisen konnte. Um nicht erkannt zu werden, bedeckte Nayab ihr Gesicht vollständig.
Gross war die Freude in der Familie, als Nayab zuhause ankam. Doch würde Saddam sie nicht wieder finden? Diese Angst war berechtigt. Deshalb brachte CSI-Partner Anjum die Familie umgehend in ein christliches Quartier einer anderen Stadt. Sie ist nun in Sicherheit.
Nayab braucht ärztliche Behandlung. Denn sie wurde häufig vergewaltigt, nachdem Saddam ihr jeweils Drogen verabreicht hatte. Dies hat bei ihr körperliche und psychische Schäden verursacht.
CSI übernimmt die Kosten für die medizinische Betreuung und leistet finanzielle Hilfe für die verarmte Familie. «Dafür sind wir äusserst dankbar», so der Vater. Nayab wird in absehbarer Zeit einen Ausbildungsplatz im CSI-Schutzhaus erhalten. CSI setzt sich rechtlich dafür ein, dass Nayabs Ehe annulliert wird.
Reto Baliarda
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